Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 77
Des Weiteren folgt aus der Definition der Verschmelzung in § 2 UmwG, dass die "Gegenleistung" für die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger, die dadurch ja ihre Anteile bzw. Mitgliedschaften am erlöschenden Rechtsträger verlieren, in der Gewährung von – gleichwertigen – Anteilen oder Mitgliedschaften an dem aufnehmenden bzw. neu entstehenden Rechtsträger bestehen muss (sehr str., vgl. dazu näher u. Rdn 128 f.). Der Übergang der Anteile erfolgt kraft Gesetzes. Das UmwG sieht allerdings in § 54 Abs. 1 Satz 3 und § 68 Abs. 1 Satz 3 die Möglichkeit eines einvernehmlichen notariellen Verzichts auf die Gewährung von Anteilen vor. Zudem können unter gewissen Umständen bare Zuzahlungen von höchstens 10 % des Gesamtnennbetrags der gewährten Anteile geleistet werden, §§ 54 Abs. 4, 68 Abs. 3 sowie §§ 78, 68 Abs. 3 UmwG.
Rz. 78
Mit dem Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers endet auch das bisherige mitgliedschaftliche Verhältnis der Gesellschafter. Es wird durch das mitgliedschaftliche Verhältnis beim neuen Rechtsträger fortgesetzt. Rechte und Pflichten (bei Kapitalgesellschaften insb. die Einlagepflicht) aus der alten Mitgliedschaft ergeben sich im selben Umfang jetzt aus dem neuen Mitgliedschaftsverhältnis. Probleme bestehen jedoch im Fall von Scheingesellschaftern. Ein gutgläubiger Erwerb der mitgliedschaftlichen Stellung wird jedoch zu Recht abgelehnt, da die Verschmelzung kein Verkehrsgeschäft darstellt. Ein materiell-rechtlich berechtigter Gesellschafter kann daher nicht allein durch die rechtsgeschäftliche Regelung im Verschmelzungsvertrag ohne sein Mitwirken durch Wirksamwerden der Verschmelzung seine Mitgliedschaft (zumindest bei der aufnehmenden Gesellschaft) endgültig verlieren, ein außenstehender Dritter, bisheriger Nichtgesellschafter ohne Weiteres dadurch mit materieller Wirkung hinzukommen. Weder § 16 Abs. 1 GmbHG noch § 67 Abs. 2 AktG, die (nur) die relative Gesellschafterstellung unwiderleglich vermuten, verschaffen dem "Scheingesellschafter" eine materielle Gesellschafterstellung. Gleiches gilt für § 67 Abs. 2 AktG bei der AG.
Diese "Kontinuität der Mitgliedschaft" bedeutet z.B. auch, dass die Gesellschafter durch die Verschmelzung nicht etwa von ihren bisher noch offenen Einlagepflichten befreit werden. Die alte Einlageforderung geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die aufnehmende Gesellschaft über (vgl. a. § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 UmwG: dingliche Surrogation bzgl. der Rechte Dritter an Anteilen der übertragenden Rechtsträger). Die neu gewährten Anteile sind aber voll eingezahlt, da sie im Wege der Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung durch Verschmelzung oder Spaltung gebildet werden.
Rz. 79
Nur bei der Verschmelzung einer Tochter-GmbH auf ihre Mutter-GmbH (sog. "upstream merger") geht die betreffende Einlageforderung durch Konfusion unter. Dennoch ist ganz allgemein die Verschmelzung auch mit nicht voll eingezahlten Geschäftsanteilen möglich. Das Gesetz regelt für die GmbH lediglich in § 51 Abs. 1 Satz 3 UmwG das Erfordernis der Zustimmung aller Gesellschafter der aufnehmenden GmbH, da ihnen bzgl. der offenen Stammeinlagenleistungen eine Haftung nach § 24 GmbHG drohen kann.
Rz. 80
Inhaber von Sonderrechten (auch solche ohne Stimmrecht) müssen nach § 23 UmwG gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger gewährt werden. Dies betrifft insbesondere Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte.