Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
1. Entwicklung des Umwandlungsrechts
Rz. 1
Das Umwandlungsrecht wurde im Jahr 1994 grundlegend reformiert. Ziel des UmwG von 1994 ist es, den Unternehmen ein rechtliches Instrumentarium an die Hand zu geben, Änderungen der Unternehmensstrategie und der Unternehmensstruktur umzusetzen, ohne den kosten- und zeitaufwendigen Weg der Liquidation der bisherigen Gesellschaft und anschließenden Neugründung in der gewünschten Gesellschaftsform gehen zu müssen. In steuerlicher Hinsicht wird im Zusammenspiel mit dem UmwStG eine Buchwertfortführung ermöglicht.
Rz. 2
Bis 1994 waren die Regelungen zur Vereinfachung von Umstrukturierungen stark zersplittert und über verschiedene Gesetze verteilt. Ziel der Reform war daher eine Vereinheitlichung der Regelungen. Darüber hinaus sollte auch weiteren Rechtsformen die Möglichkeit zur vereinfachten Umwandlung eingeräumt werden.
Rz. 3
Darüber hinaus wurde im Zuge der Reform von 1994 erstmals in Umsetzung der sog. Spaltungsrichtlinie allgemein die Möglichkeit der Spaltung von Rechtsträgern eingeführt. Hierfür gab es bis dahin lediglich Regelungen für Sonderbereiche in den neuen Bundesländern, wie z.B. im Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) und im Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTruG).
Rz. 4
In der Zeit nach 1994 kam es zu zahlreichen Änderungen des Umwandlungsgesetzes. 1998 wurde durch das Erste UmwG-Änderungsgesetz die Partnerschaftsgesellschaft in den Kreis umwandlungsfähiger Rechtsträger eingefügt. Mit dem zweiten UmwG-Änderungsgesetz wurden 2007 Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung neu geschaffen (hierzu ausführlich Rdn 394 ff.; s.a. zum Verfahren Rdn 410 ff.). Zudem sollte zugleich allgemein das Umwandlungsverfahren erleichtert und beschleunigt werden. Das Dritte UmwG-Änderungsgesetz bezweckte ebenfalls die Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben, bzgl. der Verschmelzung von Aktiengesellschaften, wesentlich in Konzernkonstellationen. Dadurch ergaben sich vor allem Erleichterungen bei Verschmelzung und Spaltung von AG im Konzern sowie ein neues verschmelzungsspezifisches Squeeze out von Minderheitsgesellschaftern bis 10 %-Beteiligung. Die Neuregelung verstößt nicht gegen Art 14 GG. Selbst gezieltes Einsetzen ist nicht rechtsmissbräuchlich. Mit dem Vierten UmwG-Änderungsgesetz versuchte der Bundesgesetzgeber, den in Deutschland tätigen britischen Gesellschaften mit Satzungssitz in Großbritannien eine rasch durchzuführende Rettungsmöglichkeit, durch Modifikation der Regeln über die grenzüberschreitende Hineinverschmelzung, vor den mit dem Brexit verbundenen Rechtsfolgen zu bieten. Der in diesem Zuge neu gefasste § 122b UmwG gestattet seitdem allgemein die Hereinverschmelzung auf eine inländische Personenhandelsgesellschaft.
Rz. 5
Zuletzt wurde das UmwG durch zwei große Reformvorhaben erheblich verändert. Zum einen ergaben sich durch Art. 60 MoPeG mit Wirkung zum 1.1.2024 (§ 707c BGB) kodifizierte Möglichkeiten für die Umwandlung zwischen eingetragenen GbR, Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften im Wege des Statuswechselverfahrens und zugleich wurde die eGbR als beteiligter Rechtsträger für zahlreiche Umwandlungsverfahren nach dem UmwG zugelassen. Zum anderen erfuhr das UmwG mit der Umsetzung der Richtlinie zur Änderung der RL (EU) 2017/1132 im Hinblick auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen durch das UmRUG seine bisher wohl größte Reform, durch die nicht nur Verfahren zur grenzüberschreitenden Spaltung und zum grenzüberschreitenden Formwechsel implementiert sowie die Regeln über die grenzüberschreitende Verschmelzung reformiert wurden (ausführlich dazu Rdn 402 ff.), sondern auch zahlreiche Änderungen im nationalen Umwandlungsrecht. Diese betreffen allgemeine Verfahrensregeln, wie etwa hinsichtlich des Verschmelzungsberichts und der Verschmelzungsprüfung. Zudem steht das sog. Spruchstellenverfahren nun auch den Anteilseignern des aufnehmenden Rechtsträgers zur Verfügung. Diese können die Umwandlungsmaßnahmen nicht mehr mit dem Argument angreifen, dass das Umtauschverhältnis aus ihrer Sicht zu ungünstig oder die Informationen zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses seien unzureichend. Eine weitere wichtige Neuerung besteht darin, dass die AG als Abfindung bei einem unangemessenen Umtauschverhältnis die Pflicht zur Barleistung durch die Gewährung von Anteilen ersetzen können. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass das nationale Umwandlungsrecht in § 125 und § 142 UmwG geändert wird.