Ralf Knaier, Dr. Peter Stelmaszczyk
Rz. 607
Die Entscheidung, ob eine Umstrukturierung nach den Regeln des UmwG oder nach allgemeinen Vorschriften erfolgen soll, kann nur nach einer sorgfältigen Analyse der Ausgangssituation und den Wünschen und Interessen der Beteiligten getroffen werden. Für sämtliche denkbaren Gestaltungsvarianten sprechen i.d.R. Vor- und Nachteile, die einer genauen Abwägung bedürfen. Die Formulierung von "Faustregeln" ist daher nicht möglich. Nachfolgend sollen allerdings einige Gesichtspunkte genannt werden, in denen sich die jeweiligen Umstrukturierungsverfahren unterscheiden und die daher bei der Auswahl der für den jeweiligen Lebenssachverhalt am günstigsten erscheinenden Gestaltungsvariante bedacht werden müssen.
1. Einzelrechtsnachfolge versus Gesamtrechtnachfolge
Rz. 608
Wesentliches Merkmal einer Umwandlung nach dem UmwG ist, dass sich die Vermögensübertragung auf den neuen Rechtsträger im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge vollzieht (§§ 20, 131 UmwG). Die Vermögensübertragung tritt dabei kraft Gesetzes ein, sodass keine besonderen Übertragungsakte nach den jeweiligen sachenrechtlichen Vorschriften erforderlich sind. Bei Grundstücken ist daher keine Auflassung notwendig, sondern nur eine Berichtigung des Grundbuchs. Ein gutgläubiger Erwerb von Rechtspositionen ist allerdings mangels eines Übertragungsaktes, an den der gute Glaube anknüpfen könnte, nicht möglich.
Rz. 609
Die Gesamtrechtsnachfolge bietet zwei wesentliche Vorteile ggü. der Übertragung von Vermögensgegenständen durch Einzelrechtsnachfolge.
Rz. 610
Zum einen werden von der Gesamtrechtsnachfolge nicht nur die Aktiva, sondern auch Passiva sowie Rechte und Pflichten aus bestehenden Schuldverhältnissen erfasst und können auf den aufnehmenden Rechtsträger übertragen werden. Die Zustimmung der anderen Vertragsparteien bzw. Gläubiger zu der Übertragung von Schuldverhältnissen bzw. Verbindlichkeiten ist nicht notwendig.
Rz. 611
Zum anderen muss bei der Übertragung des gesamten Vermögens eines Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz im jeweiligen Umwandlungsvertrag beachtet werden. Hier reicht eine allgemeine Bezeichnung aus, durch die erkennbar ist, dass das gesamte Vermögen übertragen werden soll. Sofern allerdings im Rahmen einer Spaltung gem. § 123 UmwG nur einzelne Vermögensteile übertragen werden sollen, ist der Bestimmtheitsgrundsatz in ähnlicher Weise zu beachten wie bei der Übertragung i.R.d. Einzelrechtsnachfolge (§ 126 Abs. 2 UmwG).
Als Nachteil der umwandlungsgesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge kann angesehen werden, dass der Rechtsübergang gem. §§ 20 Abs. 1, 131 Abs. 1 UmwG erst mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister erfolgt, deren Zeitpunkt nicht im Voraus bestimmbar ist. Dadurch kann sich die Vermögensübertragung im Vergleich zu einer Rechtsübertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge verzögern. Eine Verzögerung tritt insb. dann ein, wenn die Handelsregistereintragung durch Gesellschafterklagen gegen die Umwandlungsbeschlüsse blockiert wird und dem Antrag auf Eintragung trotz anhängiger Klagen in einem Unbedenklichkeitsverfahren gem. § 16 Abs. 3 UmwG nicht stattgegeben worden ist.
Hinweis
Im Umwandlungsvertrag wird i.d.R. ein Stichtag vereinbart. Ab diesem Stichtag gelten die Handlungen der übertragenden Gesellschaft bzgl. der zu übertragenden Aktiva und Passiva als für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft vorgenommen. Diese Vereinbarung hat nur schuldrechtliche Wirkung im Innenverhältnis zwischen den beteiligten Gesellschaften. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister entfaltet die Umwandlung Außenwirkung ggü. Dritten.
Rz. 612
Eine Umstrukturierung nach dem UmwG bietet sich daher an, wenn viele unterschiedliche Vermögensgegenstände, insb. Grundstücke oder auch Verträge bzw. Dauerschuldverhältnisse, auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden sollen und es nicht erforderlich ist, dass die dingliche Übertragung ohne zeitliche Verzögerung wirksam wird.
Rz. 613
Umgekehrt kann eine Umstrukturierung nach den allgemeinen Vorschriften sinnvoll sein, wenn das Eigentum nur an wenigen Vermögensgegenständen zu einem bestimmten Stichtag übertragen werden soll. Insb. wenn keine Grundstücke oder GmbH-Anteile von der Ausgliederung betroffen sind, kann sich der Verzicht auf eine Umwandlung nach dem UmwG anbieten, da dann für die Übertragung keine Formvorschriften zu beachten sind. Der Umwandlungsvertrag muss dagegen stets notariell beurkundet werden (§§ 6, 125 UmwG), auch wenn dies für die Eigentumsübertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge eigentlich nicht erforderlich wäre.
2. Entscheidungskompetenz und Informationspflichten
Rz. 614
Zu den umwandlungsrechtlichen Prinzipien gehört, dass die Umwandlungen stets von den Gesellschaftern der beteiligten Gesellschaften mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen werden müssen. Zur Vorbereitung der Gesellschafterbeschlüsse müssen die Vertretungs...