Rz. 1

Testamentsvollstreckung ist eine Dienstleistung, eine sehr anspruchsvolle sogar. Sie erfordert Verantwortungsbewusstsein ebenso, wie Durchsetzungsvermögen und wirtschaftlichen sowie rechtlichen Sachverstand. Für Fehler haftet der Testamentsvollstrecker mit seinem persönlichen Vermögen, § 2219 BGB. Soweit entsprechende Kenntnisse fehlen, hat der Testamentsvollstrecker auf Kosten des Nachlasses externen Sachverstand hinzuzuziehen.[1] Es steht daher außer Frage, dass eine solche Tätigkeit zu vergüten ist. Die gesetzliche Regelung ist kurz und einfach gehalten. § 2221 BGB regelt Folgendes:

Zitat

"Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.“"

Gerade weil die Regelung so kurz ist, führt sie in der Praxis immer wieder zu vehementen Streitigkeiten. Der Testamentsvollstrecker fühlt sich für seine Tätigkeit häufig nicht ausreichend vergütet, die Erben hingegen meinen, ihr Nachlass werde über Gebühr belastet. Das bekannte Handbuch der Testamentsvollstreckung von Bengel/Reimann behandelt das Thema der ordnungsgemäßen Vergütung des Testamentsvollstreckers ausführlich in einem eigenen Kapitel. Die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT)[2] widmet dem Thema gar ein ganzes Buch.[3]

 

Rz. 2

Der Ausgangspunkt ist noch sehr einfach. Der Erblasser bestimmt, ob der Testamentsvollstrecker eine Vergütung erhält. Trifft der Erblasser in seinem Testament keine Aussagen, so erhält der Testamentsvollstrecker gemäß § 2221 BGB eine angemessene Vergütung.

 

Praxishinweis

Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Testamentsvollstrecker aus dem Familien- oder Freundeskreis des Erblassers stammt. In Rechtsstreitigkeiten ist häufig zu hören, dass die Erben der Meinung sind, ein dem Erblasser nahestehender Steuerberater, Rechtsanwalt oder vergleichbarer Berufsträger erhalte aufgrund des Näheverhältnisses keine Vergütung als Testamentsvollstrecker. Diese Auffassung ist rechtsirrig, führt aber häufig zu Konfrontation und ausufernden Rechtsstreitigkeiten, wie folgende Auszug aus dem Beklagtenvortrag im Tatbestand eines Urteils zeigt:

"Der Kläger und der Erblasser seien eng befreundet gewesen. Dementsprechend habe der Kläger die ihm von dem Erblasser übertragene Aufgabe (…) unentgeltlich als Freundschaftsdienst leisten sollen. Der Erblasser habe die Einsetzung (…) schon aus Kostengründen niemals in Erwägung gezogen. Dem Erblasser sei es allein darum gegangen, dem damals noch minderjährigen Beklagten einen rechtskundigen Freund zur Seite zu stellen."[4]

 

Rz. 3

Der Erblasser hat nach dem Gesetz folgende Möglichkeiten:

er kann die Vergütung ausschließen;
er kann eine Vergütung nach Höhe und Zahlungsweise festlegen.

Eine solche Anordnung ist der gerichtlichen Überprüfung entzogen, sie gilt kraft Bestimmung durch den Erblasser als angemessen, auch wenn sie außergewöhnlich hoch sein sollte.[5] Die allgemeinen Schranken, beispielsweise Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)[6] oder Anpassungen im Wege ergänzender Auslegung des Testamentes in Fällen, in denen sich der Umfang der Aufgaben deutlich reduziert hat,[7] gelten selbstverständlich auch im Falle der Anordnung durch den Erblasser.

 

Rz. 4

Die Praxis zeigt jedoch, dass die letztwillige Verfügung nur in Ausnahmefällen auch eine Bestimmung über die Höhe der dem Testamentsvollstrecker zustehenden Vergütung enthält. Die ungenaue gesetzliche Regelung, aber auch die oft fehlende Fähigkeit bei den Testamentsgestaltern, diese Fragen offen mit dem künftigen Erblasser zu kommunizieren, sind die entscheidenden Ursachen dafür, dass eine präzise Vergütungsregelung für den Testamentsvollstrecker keinen Eingang in die letztwilligen Verfügungen findet. Für den Berater ist es regelmäßig schlicht einfacher, und damit wirtschaftlich vernünftiger, die Frage der Vergütung des Testamentsvollstreckers überhaupt nicht anzusprechen und die Auseinandersetzung mit der Thematik auf die Zeit nach dem Ableben des Erblassers zu vertagen,[8] häufig gefördert durch eine gewisse "Ermüdung" beim Erblasser und seinem Berater angesichts der Komplexität der Nachfolgeplanung.[9] Die Beteiligten möchten den Vorgang einfach "vom Tisch haben".

 

Rz. 5

Verschoben ist aber nicht aufgehoben. Um die Klärung der Frage, welches die angemessene Vergütung des Testamentsvollstreckers für seine Tätigkeit ist, wenn nichts vereinbart ist, wird kein an der Testamentsvollstreckung Beteiligter umhinkommen. Das Gesetz bietet keine weitere Hilfestellung. Die Rechtsprechung ist kasuistisch; ihr können nur sehr schwer auch nur einigermaßen verbindliche Maßstäbe entnommen werden.

 

Gestaltungshinweis

Geht der Erblasserwille dahin, einen qualifizierten Testamentsvollstrecker außerhalb des Familien- und Freundeskreises zu gewinnen, wird er in der Praxis nicht umhinkommen, eine Vergütung anzubieten und diese in seiner letztwilligen Verfügung festzuschreiben. Damit muss richtigerweise bereits in der Beratungspraxis die Frage gelöst werden, wie die V...

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