Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Ausgangsüberlegungen
Rz. 93
Wie die Vergütung, die ein Testamentsvollstrecker als natürliche Person für seine Tätigkeit erhält, bei den einzelnen Steuerarten (Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und ggf. Erbschaftsteuer) steuerlich zu behandeln ist, hängt im Wesentlichen von folgenden Fragestellungen ab:
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Erhält der Testamentsvollstrecker für seine Tätigkeit eine Vergütung und ist diese der Höhe nach angemessen oder unangemessen? |
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Ist der Testamentsvollstrecker nur gelegentlich oder nachhaltig als solcher tätig? |
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Ist er selbstständig oder unselbstständig tätig? |
II. Einkommensteuer
1. Unentgeltliche Tätigkeit
Rz. 94
Erfolgt die Testamentsvollstreckung unentgeltlich, so mangelt es bereits am objektiven und subjektiven Tatbestand einer Einkünfteerzielung und somit an einer einkommensteuerbaren Tätigkeit, egal, ob der Testamentsvollstrecker als "Privatperson" oder im Rahmen einer selbstständigen freiberuflichen Tätigkeit agiert. Ansonsten ist zu differenzieren.
2. Entgeltliche gelegentliche Tätigkeit durch Privatperson
Rz. 95
Die Testamentsvollstreckung ist keine Vorbehaltsaufgabe von Katalogberuflern im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, insbesondere Notaren, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, kann somit auch von "Privatpersonen" ausgeübt werden. Einer solchen "Privatperson", die nur einmal oder gelegentlich eine Testamentsvollstreckung gegen Vergütung übernimmt, fehlt es jedoch in der Regel an der Absicht, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Die Einkünfte sind als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern.
3. Entgeltliche freiberufliche oder sonstige selbstständige Tätigkeit
Rz. 96
Ist der Testamentsvollstrecker bereits freiberuflich tätig – insbesondere im Rahmen eines Katalogberufs – und steht die Testamentsvollstreckung im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit, so handelt es sich unabhängig von einer etwa bestehenden Wiederholungsabsicht in der Regel um freiberufliche Einkünfte gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auch wenn der freie Beruf in einer Sozietät ausgeübt wird. Zur Wahrung dieses Status gelten die allgemeinen Grundsätze, d.h. erforderlich ist eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit des jeweiligen Berufsträgers.
Rz. 97
Lässt sich die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nicht unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG subsumieren, insbesondere in den Fällen, in denen der Testamentsvollstrecker kein Angehöriger der Katalogberufe ist, ist bei revolvierender entgeltlicher Vollstreckung § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG einschlägig. Die Zuordnung zu den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit verlangt grundsätzlich, dass der Testamentsvollstrecker der Tätigkeit seinen "Persönlichkeitsstempel" aufdrückt. Die Mithilfe mehr als einer qualifizierten Hilfskraft bei der Testamentsvollstreckung führt in Abkehr von früherer Rechtsprechung aufgrund einer sinngemäßen Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht mehr per se zu gewerblichen Einkünften.
III. Gewerbesteuer
1. Zusammenhang mit anderweitiger gewerblicher Tätigkeit
Rz. 98
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, gleich ob diese unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 EStG zu subsumieren sind, sind in Ermangelung eines Gewinns aus Gewerbebetrieb prinzipiell nicht steuerbar im Sinne des Gewerbesteuergesetzes.
Dort jedoch, wo die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers im Ergebnis eine (wirtschaftliche) Perpetuierung der vorherigen gewerblichen Tätigkeit des Erblassers bedeutet, sei es als Einzelunternehmer mit gewerblichen Einkünften nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG oder als Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, kann sich die Frage aufdrängen, ob die Entgelte für die Testamentsvollstreckung als gewerbliche (Sonder-)Vergütungen zu qualifizieren sind. Diese – bislang noch nicht abschließend beantwortete Fragestellung – stellt sich insbesondere im Rahmen der sog. Treuhandlösung bei entsprechend ausgestalteter Übernahme und Fortführung eines Unternehmens oder einer Gesellschaftsbeteiligung durch den Testamentsvollstrecker.
2. Gefahren für Freiberuflergesellschaften bei Testamentsvollstreckung
Rz. 99
Auch bei gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit mit anderen Freiberuflern, sei es als Sozien oder Partner einer Partnerschaftsgesellschaft, erzielen die Gesellschafter prinzipiell Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Katalogberufe) oder § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Hinzuweisen ist jedoch auf die Gefahr einer gewerblichen Infektion oder Abfärbung, wenn diese Personengesellschaft auch gewerbli...