Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 100
Eine nachhaltige Tätigkeit führt nach § 2 Abs. 1 S. 3 UStG, sofern sie zur Erzielung von Einnahmen und selbstständig ausgeübt wird, zur Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 UStG. Der Amtsinhaber, der nur einmalig tätig wird, handelt nicht in Wiederholungsabsicht. Umsatzsteuer fällt in diesen Fällen nicht an. Ist eine Testamentsvollstreckung allerdings schwierig und zieht sie sich über mehrere Jahre hin, so wird der Testamentsvollstrecker auch dann nachhaltig tätig, wenn es sich um die Vollstreckung nur eines Nachlasses handelt. Neben der Verwaltungstestamentsvollstreckung kann auch eine länger dauernde Auseinandersetzungstestamentsvollstreckung eine nachhaltige Tätigkeit begründen. Mithin besteht auch bei einer nur einmaligen Tätigkeit die Gefahr einer umsatzsteuerpflichtigen Erbringung von Leistungen durch den Testamentsvollstrecker.
Praxishinweis
Die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG ist auch in diesen Fällen anwendbar, was in der Praxis bei Testamentsvollstreckungen von geringerem Umfang viele Erleichterungen schaffen dürfte. Kommt die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, muss der Testamentsvollstrecker auf seine Umsätze keine Umsatzsteuer erheben. Darüber hinaus entfallen die formalen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Ausweis der Umsatzsteuer (z.B. Angabe der fortlaufenden Rechnungsnummer und der Steuernummer auf der Rechnung). Die Option zur Umsatzsteuer zur Ermöglichung des Vorsteuerabzuges dürfte aus der Sicht des Testamentsvollstreckers in der Praxis eher selten sinnvoll sein, da die Aufwendungen des Testamentsvollstreckers ohnehin i.d.R. über den Auslagenersatzanspruch in voller Höhe vom Nachlass getragen werden.
Rz. 101
Gehört die Testamentsvollstreckung von Anfang an zu den Aufgaben eines bestehenden Unternehmens des Testamentsvollstreckers, unterliegt die Vergütung des Testamentsvollstreckers immer der Umsatzsteuerpflicht, unabhängig vom Umfang der Tätigkeit. Auf eine Nachhaltigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG der vom Testamentsvollstrecker ausgeführten Tätigkeiten kommt es dann nicht mehr an. Die Umsatzsteuerpflicht ergibt sich als "Annex" zu den sonstigen Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers im Rahmen seines bestehenden Unternehmens.
Rz. 102
Angesichts dessen dürfte es bei schon unternehmerisch tätigen Freiberuflern äußerst schwierig sein, eine klare Trennung zwischen einer "privat" veranlassten Testamentsvollstreckung und einer Testamentsvollstreckung vorzunehmen, die zu den Aufgaben des Unternehmens des Steuerberaters oder Rechtsanwalts gehört. Daher ist es lediglich bei einer einmaligen und gerade nicht nachhaltigen Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG denkbar, die unternehmerische Tätigkeit von der insoweit "privat" veranlassten Tätigkeit als Testamentsvollstrecker zu trennen.
Rz. 103
Ist der als Testamentsvollstrecker tätige Freiberufler Mitglied einer Sozietät, ist das Unternehmen der Sozietät von dem Unternehmen des jeweiligen Berufsträgers zu trennen. Mithin wird eine Testamentsvollstreckung, die dem handelnden Berufsträger allein übertragen wurde und von ihm auf eigene Rechnung betrieben wird, nur dem Unternehmen des handelnden Berufsträgers zugerechnet. Anders ist dies jedoch in den Fällen, in denen der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Tätigkeit für die Sozietät als solcher fungiert. Dies liegt insbesondere in den Fällen nahe, in denen sich der als Testamentsvollstrecker tätige und allein beauftragte Berufsträger zur Durchführung der Testamentsvollstreckung der Sach- und/oder Personenressourcen der Sozietät bedient, in der er als Berufsträger Mitglied ist.
Rz. 104
Komplexe Fragen können sich auch im Kontext mit dem Leistungsort stellen. Sind die (Nichtunternehmer-)Erben im Ausland (Drittland i.S.v. § 1 Abs. 2a S. 3 UStG) ansässig, bleibt die sonstige Leistung des Testamentsvollstreckers dennoch im Inland umsatzsteuerpflichtig, da sich der Leistungsort nicht gemäß § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 UStG ins Drittland verlagern soll. Bei Testamentsvollstreckerleistungen an Erben mit Ansässigkeit im Gemeinschaftsgebiet der EU stellen sich diese Fragen per se nicht, da sich § 3a Abs. 4 UStG nur auf Leistungen an Nichtunternehmer im Drittlandsgebiet bezieht.