a) Unentgeltlicher Verzicht
Rz. 6
Der Erbverzicht kann unentgeltlich, aber auch entgeltlich sein. Wird er unentgeltlich erklärt, verzichtet ein in Betracht kommender gesetzlicher Erbe auf sein künftiges Erbrecht, ohne hierfür eine Abfindung zu erhalten. Das kommt relativ häufig vor. Der Grund für die Abgabe derartiger Verzichtserklärungen kann unterschiedlicher Natur sein. Insbesondere in der Form des Pflichtteilsverzichts wird häufig auf die Testierfreiheit der Eltern Rücksicht genommen und – ohne Gegenleistung – auf das Pflichtteilsrecht nach dem Erstversterbenden der Eltern – in den meisten Fällen nicht auch auf das gesetzliche Erbrecht – verzichtet. Damit wird den Eltern ermöglicht, eine wechselseitige Erbeinsetzung vorzunehmen, ohne den Längerlebenden mit an dieser Stelle als störend und unpassend empfundenen Pflichtteilsansprüchen der Abkömmlinge zu konfrontieren. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge dürfte ein solcher unentgeltlicher Verzicht allerdings nicht die Regel sein, denn wenn zugunsten eines Geschwisters ein Erbverzicht erklärt wird, weil diesem das Unternehmen zukommen soll, wird man wohl eher über entsprechende Kompensationsleistungen nachzudenken haben.
Rz. 7
Da mit einem derartigen unentgeltlichen Verzicht jedoch keine Gegenleistung verbunden ist, stellt sich die Frage, ob darin bereits eine Schenkung des Verzichtenden zu sehen ist. Nach allgemeiner Auffassung ist das nicht der Fall. Der unentgeltliche Erbverzicht wird vielmehr als ein Rechtsgeschäft sui generis angesehen, das jedenfalls nicht als Schenkung des Verzichtenden an den Erblasser oder an den durch den Verzicht Begünstigten einzustufen ist.
Allein durch den erklärten Verzicht tritt keinerlei Bereicherung des Erblassers ein, wie es nach Schenkungsrecht (§ 516 Abs. 1 BGB) zu verlangen wäre. Auch wird das Vermögen des Verzichtenden nicht gemindert. Überdies wird aus einem Verweis auf § 517 BGB, wonach eine Schenkung nicht vorliegt, wenn jemand zum Vorteil eines anderen einen Vermögenserwerb unterlässt oder ein Vermächtnis oder eine Erbschaft ausschlägt, gefolgert, dass auch ein unentgeltlicher Erb- oder Pflichtteilsverzicht keine Schenkung sein kann.
Der Verzichtende gibt hier lediglich eine Chance, nicht aber ein subjektives Recht auf. Im Zusammenhang mit der Frage der Insolvenzanfechtung eines Pflichtteilsverzichts wird allerdings vertreten, dass bei erbrechtlichen Gestaltungen, also insbesondere Pflichtteilsverzichten eines Schuldners, bei wirtschaftlicher Betrachtung eine mittelbare Zuwendung des Wertes des Pflichtteils an einen Dritten enthalten sein kann. In diesen Fällen sei diesem gegenüber die Anfechtung möglich, allerdings beschränkt auf den Wert des Pflichtteils (§ 4 Abs. 1 AnfG, § 134 Abs. 1 InsO). Nach überwiegender Auffassung, der sich wohl auch der BGH angeschlossen hat, ist hier allerdings eine Anfechtbarkeit selbst dann ausgeschlossen, wenn der Pflichtteilsberechtigte den erbrechtlichen Übergang auf den Dritten mitbestimmt hat.
b) Entgeltlicher Verzicht
Rz. 8
In den Fällen der Unternehmensnachfolge dürfte ein entgeltlicher Verzicht (sei es in der Form des Erbverzichts oder in der Form des Pflichtteilsverzichts) häufiger anzutreffen sein. Dann liegen dem Verzicht die Vereinbarungen zugrunde, dass der Erblasser eine bestimmte Abfindungsleistung zu erbringen hat, während andererseits der Verzichtende den Erbverzicht zu erklären hat. Im Rahmen des hier betrachteten Kausalgeschäftes handelt es sich insoweit um einen gegenseitigen Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB. Umstritten ist allerdings nach wie vor, ob eine so vereinbarte Abfindung ihrerseits eine unentgeltliche Zuwendung ist oder den Verzicht zu einem entgeltlichen Vertrag macht. Zu den Auswirkungen im Rahmen des § 2325 BGB siehe Rdn 40.
Rz. 9
Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Erbverzicht oder ein Pflichtteilsverzicht als Gegenleistung für eine Zuwendung anzusehen ist und damit der Schenkungscharakter verloren geht, ist umstritten. Im Zusammenhang mit einer Gläubigeranfechtung hat der BGH entschieden, dass der Verzicht auf den Pflichtteil keine Gegenleistung ist, die eine Verfügung zugunsten des Verzichtenden zu einer entgeltlichen macht. Im Zusammenhang mit einem Erbverzicht liegt eine Entscheidung des BGH vor, wonach es nicht darauf ankommt, ob die Abfindung als eine entgeltliche oder unentgeltliche Leistung anzusehen ist, die für einen Erbverzicht gewährt wird. Einer Pflichtteilsergänzung unterliegt jedenfalls nur die Leistung, die über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht.
Rz. 10
Ob eine Zuwendung Schenkung ist, hängt allein davon ab, ob sich die Vertragsparteien darüber einig sind, dass die Zuwendung tatsächlich unentgeltlich erfolgt. Dafür sind weder die Wertungen des Anfechtungsrechts noch des Pflichtteilsrechts maßgeblich. Gegen eine Schenkung, die von der Rechtsprechung an s...