Rz. 179
Der Nacherbe kann im Falle der Gefährdung seiner Rechte Auskunft über den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses unter Vorlage eines Bestandsverzeichnisses verlangen, §§ 2127, 260 BGB. Der Auskunftsanspruch dient zur Sicherung von Beweismitteln für eine Schadensersatzklage nach Eintritt der Nacherbfalls. Er schafft darüber hinaus eine Basis für die weiteren Entscheidungen, ob eine Sicherheitsleistung verlangt und eine gerichtliche Verwaltung beantragt werden soll.
Rz. 180
Die Auskunftspflicht bezieht sich nur auf den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses. Ein Anspruch auf Auskunft über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen oder auf Rechenschaft besteht im Rahmen des § 2127 BGB nicht. Der Auskunftsanspruch kann wiederholt geltend gemacht werden, sofern ein neuer Grund (Gefährdungstatbestand) vorhanden ist.
Rz. 181
Hinweis
Befreiungsmöglichkeit: Der Erblasser kann den Vorerben von der außerordentlichen Auskunftsverpflichtung nach § 2127 BGB befreien. Dem Nacherben bleiben dann lediglich die ordentlichen und unabdingbaren Auskunfts- und Feststellungsrechte nach §§ 2121, 2122 BGB (vgl. Rdn 123 ff.).
Rz. 182
Als Voraussetzung für den Anspruch muss Grund zu der Annahme bestehen, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung Rechte des Nacherben erheblich verletzt. Besteht lediglich der nicht belegbare Verdacht einer Rechtsverletzung, so ist der Nacherbe wehrlos. Soweit eine Interessenabwägung dies rechtfertigt, räumt der BGH allerdings dem Nacherben einen Auskunftsanspruch gegen den vom Vorerben Beschenkten ein (vgl. Rdn 311 ff.).
Rz. 183
Geschützt wird der künftige Herausgabeanspruch des Nacherben nach § 2130 BGB. Die beanstandete Maßnahme muss objektiv eine Rechtsverletzung darstellen, im Gegensatz zu § 2128 BGB genügt daher eine ungünstige Vermögenslage des Vorerben nicht. Ausreichend ist die Gefahr einer künftigen Verletzung, ein Verschulden des Vorerben ist nicht erforderlich. Erheblich ist eine Verletzung, wenn sie sich auf nicht ganz unwesentliche Teile der Erbschaft bezieht. Soweit eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich und der Nacherbe nach § 2120 BGB zur Zustimmung verpflichtet ist, können dessen Rechte nicht verletzt werden.
Rz. 184
Insbesondere in einer Verletzung der gesetzlichen Beschränkungen der Rechtsstellung des Vorerben wird regelmäßig ein pflichtwidriges Verhalten zu erblicken sein. Dabei ist an folgende Fallkonstellationen zu denken:
▪ |
Eigenmächtige Vornahme von Verfügungen, die bei Eintritt der Nacherbfolge nach § 2113 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB unwirksam werden; |
▪ |
Einziehung einer Hypothekenforderung, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld entgegen den Beschränkungen in § 2114 BGB; |
▪ |
Verstoß gegen die Pflichten im Zusammenhang mit der Verwaltung von Wertpapieren und Geld, §§ 2116–2119 BGB; |
▪ |
Bestreiten der Rechte des Nacherben, insbesondere der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung, wenn dies den Schluss nahelegt, der Vorerbe werde bei der Nachlassverwaltung keine Rücksicht auf die Rechte des Nacherben nehmen; |
▪ |
Bestreiten der Zugehörigkeit von Surrogaten (§ 2111 BGB) zum Nachlass, bspw. durch Zurechnung zum Eigenvermögen des Vorerben; |
▪ |
Zwangsverfügungen, die von Eigengläubigern des Vorerben im Wege der Zwangsvollstreckung oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens getroffen werden, beruhen zwar nur mittelbar auf der Verwaltung des Vorerben. Gleichwohl kommt hier ein Auskunftsanspruch analog § 2127 BGB in Betracht, soweit dieser erforderlich ist, um dem Nacherben die Geltendmachung seiner Rechte (§ 2115 BGB) gegen solche Verfügungen zu ermöglichen. |
Weiterführend zur Auskunft siehe § 9 Rdn 184 ff.