Rz. 104
Die außergewöhnlichen Erhaltungskosten sowie die außerordentlichen Lasten fallen dem Nachlass zur Last (§§ 2124 Abs. 2 S. 1, 2126 BGB). Unter außergewöhnlichen Erhaltungskosten sind vor allem Aufwendungen mit langfristig wertsteigernder Wirkung zu verstehen. Außerordentliche Lasten werden dadurch charakterisiert, dass sie nur einmalig anfallen.
Rz. 105
Beispiele für außergewöhnliche Erhaltungskosten
Notwendige größere Reparaturen, z.B. Modernisierung einer Heizungsanlage, Einbau von Isolierglasfenstern, Rationalisierung eines Maschinenparks, Beseitigung von Zerstörungen, Kosten eines im Interesse des Nachlasses geführten Rechtsstreits, Tilgungsleistungen auf Grundschulden und Hypothekendarlehen.
Rz. 106
Beispiele für außerordentliche Lasten
Privatrechtliche außerordentliche Lasten: Erblasserschulden, die meisten Erbfallschulden (z.B. Beerdigungskosten i.S.v. § 1968 BGB), Vermächtnisse und Auflagen, die nicht allein dem Vorerben auferlegt sind, Pflichtteilslasten. Öffentlich-rechtliche außerordentliche Lasten: Erschließungsbeiträge der Nachlassgrundstücke, Erbschaftsteuer (nicht aber Säumniszuschläge und Vollstreckungskosten), Einkommensteuer aus Veräußerungsgewinn.
Rz. 107
Soweit der Vorerbe die Aufwendungen nicht aus Mitteln der Erbschaft, sondern aus seinem eigenen Vermögen bestritten hat, kann er diese entweder bereits während der Dauer der Vorerbschaft im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung aus dem Nachlass entnehmen oder nach Eintritt des Nacherbfalls gem. §§ 2124 Abs. 2 S. 2, 2126 BGB gegenüber dem Nacherben geltend machen.
Rz. 108
Ab dem Eintritt des Nacherbfalls kann der Vorerbe neben dem Aufwendungsersatz Zinsen und Befreiung von den Verbindlichkeiten nach §§ 256, 257 BGB verlangen.
Rz. 109
Bei einer Kreditaufnahme zur Bestreitung außergewöhnlicher Aufwendungen muss der Vorerbe nach der Rechtsprechung des BGH in der Lage sein, die anfallenden Zinsen aus seinem Eigenvermögen – wozu auch die Erträge der Erbschaft zählen – zu bestreiten, die Tilgung darf er nicht vollständig dem Nacherben überlassen. Dementsprechend kann er insoweit keinen Ersatz vom Nacherben verlangen. Dem Vorerben stehen als Ausgleich lediglich die durch die finanzierten Investitionen erhöhten Erträge der Erbschaft zu. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz muss aber für den befreiten Vorerben gelten. Da dieser befugt ist, die Nachlasssubstanz für sich selbst zu verwenden (§§ 2136, 2134 BGB), muss ihm erst recht die Verwendung der entnommenen Beträge für den Nachlass gestattet werden.