aa) Rechtliche Grundlagen
Rz. 213
Ist der Vorerbe rechtskräftig zur Sicherheitsleistung verurteilt und die gerichtlich gesetzte Frist zur Sicherheitsleistung fruchtlos verstrichen, kann nach § 2128 Abs. 2 i.V.m. § 1052 BGB beim Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO) die Entziehung der Verwaltung und die Bestellung eines Verwalters beantragt werden. Enthält das zugrunde liegende Urteil keine Fristsetzung für die Sicherheitsleistung, so kann diese vom Vollstreckungsgericht nachgeholt werden.
Rz. 214
Ist Gegenstand der Vorerbschaft ein Unternehmen, sind folgende Besonderheiten zu beachten:
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Nicht zulässig ist die Führung eines einzelkaufmännischen Handelsgeschäfts durch einen Verwalter. |
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Nicht zulässig ist auch die Anordnung einer Verwaltung hinsichtlich einer Beteiligung an einer OHG. |
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Zulässig ist die Anordnung jedoch bezüglich einer Kommanditbeteiligung an einer KG. |
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Zulässig ist die Anordnung schließlich im Hinblick auf eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. |
Als Verwalter kann auch der Nacherbe eingesetzt werden (vgl. § 1052 Abs. 2 S. 2 BGB).
bb) Rechtsfolgen
Rz. 215
Mit der Vollstreckbarkeit des die Entziehung anordnenden Beschlusses verliert der Vorerbe die Verfügungsbefugnis über die Erbschaftsgegenstände (§ 2129 Abs. 1 BGB). Das Verfügungsrecht geht in dem Umfang, in dem es dem Vorerben zugestanden hat, auf den Verwalter über (vgl. § 2129 Abs. 1 BGB). Zudem verliert der Vorerbe das Verwaltungsrecht über den Nachlass, er hat die Erbschaft dem Verwalter herauszugeben (vgl. § 1052 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. §§ 150, 152 ff. ZVG). Der Beschluss über die Entziehung der Verwaltung stellt nach h.M. nur dann einen Vollstreckungstitel für den Herausgabeanspruch des Verwalters gegen den Vorerben dar, wenn in dem Beschluss die herauszugebenden Gegenstände im Einzelnen bezeichnet sind. Erforderlichenfalls kann beim Vollstreckungsgericht ein Ergänzungsbeschluss beantragt werden.
cc) Verfahren
Rz. 216
Abwendungsbefugnis: Die gerichtliche Verwaltung dauert bis zum Nacherbfall. Sie ist jedoch aufzuheben, wenn die Sicherheitsleistung erbracht wird, § 2128 Abs. 2 i.V.m. § 1052 Abs. 3 BGB.
Rz. 217
Grundbucheintragung: Um einen gutgläubigen Erwerb eines Dritten von dem nicht mehr verfügungsbefugten Vorerben zu verhindern (§§ 2129 Abs. 2, 892 Abs. 1 S. 2 BGB), ist die Eintragung der gerichtlichen Verwaltung in das Grundbuch erforderlich. Eine Eintragung von Amts wegen erfolgt nicht, vielmehr ist ein entsprechender Antrag des Verwalters oder des Nacherben erforderlich (Grundbuchberichtigung, §§ 13, 22 GBO). Möglich ist auch, aufgrund eines Antrags des Nacherben, ein Ersuchen des Vollstreckungsgerichts (§ 38 GBO).
Keinen vollkommenen Schutz kann in diesem Zusammenhang der von Amts wegen einzutragende Nacherbenvermerk (§ 51 GBO) bieten, denn Verfügungen des Vorerben sind nach § 2113 Abs. 1 BGB zumindest bis zum Eintritt des Nacherbfalls wirksam.
Rz. 218
Erbschein: Der Erbschein des Vorerben schützt einen gutgläubigen Dritten nicht, da die Entziehung der Verwaltung nicht zu den im Erbschein aufzuführenden Beschränkungen (§§ 2365, 2366 BGB) gehört, sich mithin auf deren Nichtvorhandensein kein guter Glaube stützen kann.
dd) Verwaltervergütung und Kosten der Zwangsverwaltung
Rz. 219
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Die Verwaltervergütung bestimmt sich nach §§ 17–22 ZwVwV (Zwangsverwalterverordnung). Die Festsetzung der Vergütung erfolgt auf Antrag des Verwalters durch das Vollstreckungsgericht (§ 153 ZVG, § 22 ZwVwV). Die Vergütung des Verwalters ist in erster Linie aus den Nutzungen der Erbschaft (die an sich dem Vorerben zustehen!) zu bestreiten, soweit diese nicht ausreichend sind, auch aus dem Stamm der Erbschaft. |
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Die Gerichtskosten richten sich nach § 55 GKG; zur Höhe: KV 2220, 2210 GKG; Vorschusspflicht: § 15 Abs. 2 GKG. |
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Die Anwaltsgebühren richten sich nach § 27 RVG. Maßgeblich für den Gegenstandswert ist der Anspruch (einschließlich Nebenforderung), wegen dessen das Verfahren beantragt wird. |
ee) Checkliste: Antrag auf Anordnung der gerichtlichen Verwaltung
Rz. 220
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Rechtskräftige Verurteilung zur Sicherheitsleistung |
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Sicherheitsleistung nicht erbracht |
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Fristsetzung im Urteil oder nachträglich durch das Vollstreckungsgericht |
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Nicht zulässig ist die Verwaltung hinsichtlich eines einzelkaufmännischen Unternehmens und der Beteiligung an einer OHG |
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Antrag zur Verwalterbestellung: Auch der Nacherbe kann zum Verwalter bestellt werden |
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Eintragung der Anordnung der gerichtlichen Verwaltung im Grundbuch |
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Antrag auf einstweilige Anordnung der gerichtlichen Verwaltung schon vor Fristablauf? |
ff) Muster: Antrag auf Anordnung der gerichtlichen Verwaltung
Rz. 221
Muster 14.34: Antrag auf Anordnung der gerichtlichen Verwaltung
Muster 14.34: Antrag auf Anordnung der gerichtlichen Verwaltung
An das
Amtsgericht
– Vollstreckungsgericht –
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Antrag auf Anordnung der gerichtlichen Verwaltung gem. §§ 2128 Abs. 2, 1052 BG...