Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 32
Die Zuständigkeit für die Vollstreckung von Unterlassungs- und Duldungsverpflichtungen wird durch § 890 ZPO dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zugewiesen. Damit ist die örtliche und sachliche Zuständigkeit geregelt, sofern es sich um einen gerichtlichen Titel handelt, d.h. insbesondere dann, wenn sich die zu vollstreckende Verpflichtung aus einem Urteil, einem Prozessvergleich, einer einstweiligen Verfügung oder einem sonst vollstreckbaren Beschluss ergibt. Die Zuständigkeit ist nach § 802 ZPO ausschließlich.
Rz. 33
Das Prozessgericht muss in der Zwangsvollstreckung ebenso besetzt sein wie im Erkenntnisverfahren. Ist der Rechtsstreit vom originären oder vom obligatorischen Einzelrichter nach §§ 348, 348a ZPO entschieden worden, so ist auch dieser für die Entscheidung über den Vollstreckungsantrag zuständig. Im Vollstreckungsverfahren ist dagegen eine Übertragung auf den Einzelrichter nicht mehr zulässig, sodass die Kammer mit allen Mitgliedern entscheiden muss, wenn sie dies auch bei Erlass des Vollstreckungstitels getan hat. In Landwirtschaftsverfahren ist dementsprechend unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden, was die Vollstreckung verzögern kann.
Rz. 34
Tipp
Zeigen sich hier Mängel, kann der Schuldner dies – auch noch im Beschwerdeverfahren – rügen und so die Zwangsvollstreckung erheblich verzögern, weil in diesem Fall die Ausgangsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden muss. Es liegt dann nämlich ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter vor. Für den Gläubiger empfiehlt es sich also, die Fragen im Auge zu behalten und erforderlichenfalls das Gericht auf die richtige Zuständigkeit hinzuweisen.
Rz. 35
Prozessgericht des ersten Rechtszugs für die Vollstreckung wegen der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus einer vor einem deutschen Notar errichteten vollstreckbaren Urkunde ist das sachlich zuständige Gericht, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat. Da die gesetzliche Regelung in § 797 ZPO insoweit nicht eindeutig ist, kann dies aus allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen abgeleitet werden.
Rz. 36
Ist der Titel im familiengerichtlichen oder im arbeitsgerichtlichen Verfahren erlassen worden, so ergibt sich aus dem vorstehenden zugleich die Zuständigkeit des Familienstreit-bzw. Arbeitsgerichts auch für die Entscheidung über den Vollstreckungsantrag nach § 890 ZPO. In gleicher Weise ist die Zuständigkeit des Patentgerichts auch für das Vollstreckungsverfahren begründet.
Rz. 37
Wird aus einem Anwaltvergleich (§§ 796a, 796b ZPO), aus einem Schiedsspruch oder Schiedsvergleich (§§ 1053, 1054, 1060, 1061, 1064 ZPO) oder einem ausländischen Urteil (§§ 722, 723 ZPO) die Verpflichtung zur Vornahme einer Unterlassungs- oder Duldungsverpflichtung vollstreckt, so ist das Gericht als Prozessgericht des ersten Rechtszuges zuständig, welches die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit getroffen hat.