Rz. 37
Wie die Betreuung minderjähriger Angehöriger ist auch die Begleitung eines im Sterben liegenden nahen Angehörigen erst im Jahre 2015 in das Gesetz eingefügt worden. Der Beschäftigte soll während dieser (gem. § 4 Abs. 3 S. 2 PflegeZG auf nur drei Monate begrenzten) Zeit einen nahen Angehörigen in seiner letzten Lebensphase, d.h. in den Tod, begleiten können.
Rz. 38
Trotz der Verortung im Pflegezeitgesetz ist eine Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen nicht erforderlich, wohl aber die in § 3 Abs. 6 PflegeZG beschriebene progrediente Erkrankung, deren Heilung ausgeschlossen ist und die bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium mit einer verbleibenden Lebenserwartung von nur noch Wochen oder wenigen Monaten bedeutet und für die schließlich auch eine palliativmedizinische Behandlung bereits notwendig ist. Die für den Beschäftigten und seinen Arbeitgeber gerade in der schwierigen persönlichen Situation des Beschäftigten kaum zu leistende Abgrenzung nach diesen Kriterien wird dadurch erleichtert, dass der Beschäftigte dem Arbeitgeber die Voraussetzungen durch ärztliches Zeugnis nachzuweisen hat (§ 3 Abs. 6 S. 2 PflegeZG), der Arzt also bestimmt, ob die medizinischen Kriterien erfüllt sind.
Rz. 39
Der Gesetzgeber hat betreffend die Lebenserwartung keine klare Obergrenze gezogen, so dass im Einzelfall unklar sein kann, ob die Voraussetzungen für die Pflegezeit zur Sterbehilfe erfüllt sind. Zur näheren Bestimmung, wann die verbleibende Lebenserwartung mehr als "wenige Monate" nicht mehr erreicht, mag man die Höchstdauer der Pflegezeit zur Sterbebegleitung von (nur) drei Monaten als Indiz heranziehen. Dennoch ist zweifelhaft, ob eine Lebenserwartung von noch einem halben Jahr bereits die Anspruchsvoraussetzungen zur Pflegezeit zur Sterbebegleitung entfallen lässt. Entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung und angesichts der ggfs. höchst aufwühlenden Situation für den Beschäftigten sollte man großzügig verfahren. Wer – auch als Arbeitgeber – Missbrauchsmöglichkeiten sieht, sei an die nur dreimonatige Höchstdauer erinnert, die auch dann eine mehrfache Inanspruchnahme der Pflegezeit ausschließt, wenn sich das Leiden des Sterbenden wider Erwarten noch länger hinzieht.
Rz. 40
Dass der Gesetzgeber die Pflegezeit zur Sterbebegleitung auf nur drei – und nicht, wie sonst im Pflegezeitgesetz, auf sechs – Monate begrenzt hat und warum auch die Sterbebegleitung in den Höchstrahmen von 24 Monaten für die kombinierten Ansprüche nach Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz zählt, wird kritisch hinterfragt; der Wortlaut ist aber eindeutig.