Rz. 52
Der Anspruch auf die Pflegezeit besteht nur gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 15 Beschäftigten, § 3 Abs. 1 S. 2 PflegeZG. Arbeitnehmer kleinerer Unternehmen waren bislang vollständig auf den guten Willen ihres Arbeitgebers angewiesen, wenn sie Pflegezeit oder Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen wollten. Insoweit ist ihnen der Gesetzgeber zur Hilfe gekommen, indem er seit dem 24.12.2022 und in Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige die ausdrückliche Möglichkeit geschaffen hat, dass Beschäftigte solcher Kleinarbeitgeber den Abschluss einer Vereinbarung einer Pflegezeit (entsprechend für die Betreuung minderjähriger pflegebedürftiger Angehöriger oder die Sterbebegleitung) beantragen können.
Rz. 53
Einen solchen Antrag muss der Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen beantworten. Lehnt er ihn ab, muss die Antwort eine Begründung enthalten. Besondere Voraussetzungen sind für die Ablehnung nicht vorgesehen, und weder eine unzureichende Begründung noch das vollständige Fehlen einer Begründung oder einer Antwort insgesamt sind sanktioniert. Insbesondere sieht das Gesetz keine Zustimmungsfiktion vor. Ob die Rechtsprechung aus einer fehlenden oder objektiv schlecht begründeten Antwort Ansprüche für Beschäftigte ableiten wird, muss sich zeigen. Begründeter Anlass für eine Ablehnung dürfte jedenfalls dann bestehen, wenn der Beschäftigte die Pflegebedürftigkeit bzw. die progrediente schwere Erkrankung nicht entsprechend § 3 Abs. 2, 6 S. 3 PflegeZG nachweist oder wenn er die Pflegezeit nicht nahtlos mit einer etwaigen Familienpflegezeit verknüpft. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 6a PflegeZG klar. Dasselbe muss gelten, wenn der Antrag sonst in einem Fall gestellt wird, in dem auch gegenüber einem Arbeitgeber mit mehr als 15 Beschäftigten kein Anspruch auf Pflegezeit bestünde.
Rz. 54
§ 3 Abs. 6a PflegeZG verweist betreffend das Antragsverfahren gegenüber kleineren Arbeitgebern ausdrücklich auch auf die Regelung zur Pflegeteilzeit nach § 3 Abs. 4 S. 1 PflegeZG. Der Antrag soll sich also nicht nur auf ein vollständiges Aussetzen mit der Arbeit zugunsten der Pflege, sondern auch auf eine vorübergehende Teilzeitlösung beziehen können. Indem der Gesetzgeber § 3 Abs. 4 S. 2 PflegeZG aus der Verweisung ausgeklammert, stellt er zugleich klar, dass der Kleinarbeitgeber den Teilzeitwunsch (anders als ein Arbeitgeber mit mehr als 15 Beschäftigten) nicht nur aus dringenden betrieblichen Gründen soll ablehnen können. Es bleibt also auch insoweit bei dem unverbindlichen Charakter der Antragslösung in § 3 Abs. 6a PflegeZG und insoweit bei dem Überforderungsschutz zugunsten kleinerer Arbeitgeber.
Rz. 55
Ebenso wenig wie der Antrag des Beschäftigten bedarf die Antwort des Arbeitgebers einer bestimmten Form. Trotz fehlender Sanktion dürfte der Arbeitgeber aber gut beraten sein, zumindest eine ablehnende Antwort beweiskräftig festzuhalten, also wenigstens in Textform abzugeben. Kommt es zur Vereinbarung zwischen den Parteien, wird diese ohnehin (und schon wegen des Nachweisgesetzes) schriftlich festgehalten werden.
Rz. 56
Kommt es zu einer Pflegezeitvereinbarung nach § 3 Abs. 6a PflegeZG, hat das dieselben Wirkungen wie eine einseitig vom Arbeitnehmer in Anspruch genommene Pflegezeit.