Rz. 37
Ersatzberechtigt sind diejenigen Personen, denen der Getötete zum Unfallzeitpunkt kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder im Falle seines Fortlebens hätte unterhaltspflichtig werden können. Dazu gehören der Ehepartner, auch bei Getrenntleben und im begrenzten Umfang auch noch nach der Scheidung (§§ 1360 f., 1570 ff. BGB), die ehelichen Kinder (§§ 1601 ff. BGB), auch die noch nicht geborenen, aber schon gezeugten (§ 844 Abs. 2 S. 2 BGB) sowie die nichtehelichen, für ehelich erklärten und adoptierten Kinder (§§ 1601 ff., 1615a ff., 1736, 1754 BGB), in begrenztem Umfang auch die Mutter eines nichtehelichen Kindes (§§ 16151 BGB), die übrigen in gerader Linie Verwandten (§§ 1601 ff. BGB) und die Partner einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Die eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist der ehelichen Lebensgemeinschaft in wirtschaftlicher Hinsicht weitgehend gleichgestellt. Die Partner sind gesetzlich nach § 5 LPartG einander zum angemessenen Unterhalt verpflichtet, wobei § 1360 und die §§ 1360a, 1360b BGB entsprechend gelten. Aus der Verweisung auf § 136b S. 2 BGB folgt, dass die wechselseitige Unterhaltspflicht sowohl den Bar- als auch den Naturalunterhalt umfasst (bis zum 31.12.2004 bestand nur eine Barunterhaltspflicht). Bei unfallbedingter Tötung kann der überlebende Partner also sowohl wegen des verlorenen Barunterhalts als auch wegen des verlorenen Naturalunterhalts Ersatzansprüche aus § 844 Abs. 2 BGB geltend machen; auch das Angehörigenprivileg (§ 67 Abs. 2 VVG a.F. bzw. § 86 Abs. 3 VVG n.F., § 116 Abs. 6 SGB X) gilt.
Rz. 38
Nicht dazu gehören z.B. Stiefkinder, Geschwister, Verschwägerte. Nicht dazu gehören auch Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, auch dann nicht, wenn vertraglich Unterhaltsansprüche der Partner untereinander vereinbart sind. Denn für den Anspruch aus § 844 BGB verlangt das Gesetz – anders als beim Erwerbsschaden – eindeutig das Bestehen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht. Eine solche gibt es zwischen nicht verheirateten Partnern nicht. Der Kreis der Anspruchsberechtigten kann auch nicht durch vertragliche Unterhaltszusagen oder durch das Entstehen einer sittlichen Pflicht zur Unterhaltsgewährung bei langjähriger Partnerschaft erweitert werden. Es wäre – eine wünschenswerte – Aufgabe des Gesetzgebers, das Merkmal der gesetzlichen Unterhaltspflicht in § 844 Abs. 2 BGB zu beseitigen.
Rz. 39
Ist aus der nichtehelichen Partnerschaft ein Kind hervorgegangen, bestünde evtl. eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Getöteten gegenüber dem Kind, und zwar sowohl der getöteten nichtehelichen Mutter wie des getöteten nichtehelichen Vaters (§ 1601 BGB). Ferner bestünde eventuell auch gegenüber der Mutter des Kindes eine zeitlich begrenzte gesetzliche Unterhaltspflicht aus § 1615l BGB. Diese war früher auf drei Jahre befristet. Jetzt sind § 1615l Abs. 1 und § 1570 BGB angeglichen. Der Anspruch besteht mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit, soweit dies billig erscheint, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Wenn der Vater das Kind betreut hätte, stünde ihm eventuell aus § 1615l Abs. 4 BGB ein entsprechender gesetzlicher Anspruch gegen die Mutter zu, sodass sich bei deren unfallbedingter Tötung Schadensersatzansprüche des Vaters gegen den Schädiger ergeben können. Fraglich ist allerdings, ob der Tod des nach § 1615l BGB Unterhaltsverpflichteten dem Unterhaltsberechtigten einen Anspruch nach § 844 Abs. 2 BGB verschafft. Mehrheitlich wird vertreten, dass dies nicht der Fall ist, weil der Anspruch aus § 1615l BGB mit dem Tod des Verletzten nicht wegfalle, sondern sich nunmehr gegen dessen Nachlass richte. Für diese Ansicht spricht § 1615l Abs. 3 S. 4 BGB, wonach der Anspruch nicht mit dem Tode des Vaters erlischt (gilt gem. § 1615l Abs. 4 S. 3 BGB für den Tod der Mutter entsprechend). Folgt man dieser Ansicht, kann bei Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten immerhin ein Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger bestehen, wenn und soweit die Erben die volle Befriedigung nach den §§ 1967 ff. BGB verweigern können.
Rz. 40
Die gesetzliche Unterhaltspflicht muss im Zeitpunkt des Unfallereignisses ("zur Zeit der Verletzung") bestehen. Schließt z.B. der Verletzte nach dem Unfall eine Ehe, hat der Ehegatte keinen Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB, wenn der Verletzte später unfallbedingt verstirbt. Ein nach dem Unfall geborenes Kind des Verletzten hat einen Anspruch nur, wenn es im Unfallzeitpunkt bereits gezeugt war. Weil der Tod als weitere Schadensfolge zunächst noch ungewiss ist, beginnt die Verjährung des Ersatzanspruchs aus § 844 BGB allerdings erst mit dem Tod des Geschädigten zu laufen.