Rz. 181
Zahlt ein Sozialversicherungsträger nach dem unfallbedingten Tod der Mutter an das hinterbliebene Kind eine Waisenrente, so geht in entsprechender Höhe ein Schadensersatzanspruch des Kindes wegen Entzuges des durch die Mutter geleisteten Betreuungsunterhalts auf den Sozialversicherungsträger über; das Kind muss die Waisenrente von dem von ihm geltend gemachten Ersatzanspruch insoweit in Abzug bringen. Denn die Waisenrente soll auch den durch den Tod der Mutter entstandenen Bedarf an Betreuungsunterhalt ausgleichen; insoweit besteht die für den Rechtsübergang erforderliche Kongruenz. Kindergeldzahlungen bleiben bei der Ermittlung des Schadensersatzanspruchs des Kindes unberücksichtigt.
Rz. 182
Bezieht ein hinterbliebenes Kind aufgrund eigener Erwerbstätigkeit oder aus Vermögen Einkünfte, so sind auch diese bei der Berechnung seines Unterhaltsschadens zu berücksichtigen; denn insoweit fehlt es bereits an der für einen (entzogenen) Unterhaltsanspruch erforderlichen Bedürftigkeit (§ 1602 Abs. 2 BGB). Zum berücksichtigungsfähigen Ertrag der Arbeit des Kindes gehört auch eine Ausbildungsbeihilfe, die entsprechend den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere ihrer Höhe, zumindest teilweise anzurechnen ist.
Rz. 183
Auch Erträgnisse aus einer Erbschaft, die dem Kind aufgrund des unfallbedingten Todes der Eltern oder eines Elternteils zufällt, sind auf den Schadensersatzanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB eventuell anzurechnen; sie können unter Umständen bereits die Bedürftigkeit des Kindes entfallen lassen. Auf die Inanspruchnahme des Stamms des ererbten Vermögens kann der Schädiger das hinterbliebene Kind hingegen in der Regel nicht verweisen.
Rz. 184
Ist nur ein Elternteil getötet worden und erhöht sich dessen Unterhaltsleistungspflicht gegenüber einem hinterbliebenen Kind, weil er infolge von Erträgnissen aus der Erbschaft des Getöteten höhere Einkünfte hat, so kann auch dies zu einem anrechnungspflichtigen Vorteil führen.
Rz. 185
Im Übrigen dürfen Vermögenswerte, die vom getöteten Unterhaltsverpflichteten vererbt worden sind, auf den Unterhaltsschaden nur insoweit angerechnet werden, als sie schon vor dem Tod des Unterhaltsleistenden zur Bestreitung des Unterhalts der Familie (und somit auch des hinterbliebenen Kindes) gedient haben.
Rz. 186
Der Grundsatz, dass Erträgnisse, die der unterhaltsberechtigte Hinterbliebene aus dem ihm gezahlten Kapital einer privaten Versicherung (Lebensversicherung, Unfallversicherung) des Getöteten zieht, auf den nach § 844 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Unterhaltsschaden nicht angerechnet werden dürfen gilt in vollem Umfang auch zugunsten eines hinterbliebenen Kindes, dem aus einer privaten Lebens- oder Unfallversicherung eines oder beider getöteten Elternteile eine Versicherungssumme ausgezahlt wird. Dem Schadensersatzanspruch kann hier auch nicht entgegengehalten werden, die Bedürftigkeit des Kindes im Sinne des § 1602 Abs. 2 BGB werde durch die Versicherungsleistung gemindert; denn für die Frage, ob die Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs vorgelegen hätten (und damit auch die Bedürftigkeit), kommt es auf eine hypothetische Beurteilung der Lage an, die ohne den Unfalltod des Unterhaltsverpflichteten bestanden hätte.
Rz. 187
Auf den Ersatzanspruch des Kindes wegen Entzugs der persönlichen Unterhaltsleistung eines getöteten Elternteils ist die tatsächliche Betreuung durch einen zweiten Ehegatten des hinterbliebenen Elternteils (z.B. Stiefmutter) nicht anzurechnen. Unterhaltsleistungen von dritter Seite können generell nicht zugunsten des Schädigers als Vorteilsausgleichung berücksichtigt werden. Dies gilt im Hinblick auf §§ 843 Abs. 4, 844 Abs. 2 BGB insbesondere auch dann, wenn andere unterhaltspflichtige Verwandte, etwa Großeltern, dem Kind Unterhalt gewähren. Zuwendungen, die das Kind von einem Dritten erhält, können höchstens dann seine für den Unterhaltsanspruch bedeutsame Bedürftigkeit mindern, wenn sie auch zu Lebzeiten des getöteten Elternteils geleistet worden wären.
Rz. 188
Die Ersatzansprüche aus § 844 BGB bleiben gemäß § 1755 BGB auch nach einer unfallbedingten Adoption bestehen. Denn soweit das Kind durchsetzbare Ansprüche auf Ersatz des Unterhaltsschadens hat, besteht keine Unterhaltspflicht der Adoptiveltern, weil es nicht bedürftig ist. Anderes gilt, wenn ein adoptiertes Kind unfallbedingt den Adoptivvater oder die Adoptivmutter verliert; denn es besteht eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Adoptiveltern, weil das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten bzw. des sonstigen Annehmenden erlangt.