Rz. 107
Wirtschaftliche Vorteile, die dem Hinterbliebenen infolge des Todes des unfallgeschädigten Partners zufallen, sind nur dann auf den zu leistenden Schadensersatz anzurechnen, wenn dies dem Zweck der Schadensersatzverpflichtung entspricht und nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führt. Da nach § 844 Abs. 2 BGB die Vorschrift des § 843 Abs. 4 BGB anzuwenden ist, wird der Anspruch des Hinterbliebenen auf Ersatz des entgangenen Unterhalts nicht dadurch berührt, dass er nunmehr gegen einen anderen einen Unterhaltsanspruch hat; dem Schädiger kann daher die Unterhaltsgewährung, die andere Familienangehörige an den überlebenden Ehegatten leisten (etwa dessen Eltern), selbst dann nicht zugutekommen, wenn diese Unterhaltsgewährung ihrerseits auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruht. Entsprechendes gilt auch dann, wenn und insoweit andere Familienangehörige zwar nicht durch unmittelbare finanzielle Unterstützung, aber in anderer Weise, etwa durch Arbeitsleistung, einspringen, um den Unterhalt und die Versorgung des überlebenden Ehegatten und seiner Familie zu sichern. Hat etwa der Getötete ein Erwerbsgeschäft betrieben, aus dessen Erträgen er die Familie unterhalten hat, so kann es den Schädiger nicht entlasten, wenn nunmehr der Bruder des Getöteten die Weiterführung des Erwerbsgeschäfts übernimmt.
Rz. 108
Zur Wiederheirat des Witwers bzw. der Witwe vgl. oben Rdn 103 ff.
Rz. 109
Zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft vgl. oben Rdn 103.
Rz. 110
Die Erträgnisse, die der unterhaltsberechtigte Hinterbliebene aus dem ihm ausgezahlten Kapital einer Lebensversicherung des Getöteten zieht, dürfen auf den ihm nach § 844 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Unterhaltsschaden nicht angerechnet werden. Entsprechendes gilt auch für Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung.
Rz. 111
Ist der unterhaltsgeschädigte Ehepartner gleichzeitig Erbe, muss er sich das ererbte Vermögen bzw. dessen Erträgnisse (Gewinne, Mieteinnahmen, Erträgnisse) grundsätzlich nicht schadensmindernd anrechnen lassen. Anderes gilt, wenn und soweit schon der Getötete das Vermögen zur Bestreitung des Familienunterhalts eingesetzt hatte oder es ohne den Unfall irgendwann eingesetzt hätte (Quellentheorie: Es hat hinsichtlich der Unterhaltsquelle lediglich die Inhaberschaft gewechselt). Das kann z.B. der Fall sein, wenn das Erwerbsgeschäft des Erblassers, aus dessen Erträgen der Unterhalt der Familie finanziert wurde, von der Witwe fortgeführt wird. In diesem Fall sind die Hinterbliebenen nicht geschädigt, soweit ihr Unterhalt weiterhin aus dem Betrieb finanziert werden kann (vgl. noch unten Rdn 113).
Rz. 112
Wird ein Hinterbliebener infolge des tödlichen Unfallereignisses von einem Dritten adoptiert, so wird sein Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Unterhalts nicht durch evtl. Unterhaltsansprüche gegen die Adoptiveltern berührt.
Rz. 113
Gehört zu dem Nachlass, welcher dem überlebenden Ehegatten infolge des unfallbedingten Todes des Erblassers zufließt, ein Erwerbsgeschäft, so gehören die Einkünfte hieraus zu den Vermögenserträgnissen, die in der Regel dem Unterhalt zu dienen bestimmt und daher auf den Unterhaltsschaden der Hinterbliebenen anzurechnen sind (vgl. schon oben Rdn 106). Gleiches gilt für Mieteinnahmen aus einem ererbten Hausgrundstück, soweit sie die zu deckenden Aufwendungen übersteigen. Wenn sich die Erträgnisse erst dadurch realisieren lassen, dass der hinterbliebene Ehegatte selbst die Führung des Erwerbsgeschäftes übernimmt oder in diesem jedenfalls nunmehr mitarbeitet, so hängt die Anrechnung der Einkünfte auf den Schadensersatzanspruch davon ab, ob und in welchem Umfang dem anspruchsberechtigten Hinterbliebenen diese Arbeitsaufnahme (im Interesse der Schadensminderung) zumutbar war. Kosten für die Einstellung eines Geschäftsführers oder einer sonstigen Ersatzkraft für die Tätigkeit des Getöteten mindern die anrechenbaren Erträgnisse. Führt der überlebende Ehegatte das Erwerbsgeschäft nicht selbst fort, sondern verpachtet er es, so ist der Gewinn, den er aus der Verpachtung zieht, auf seinen Unterhaltsschaden anzurechnen.
Rz. 114
Geben die Hinterbliebenen ein rentables Erwerbsgeschäft auf, das sie entweder in zumutbarer Weise weiterführen oder zur Erzielung laufender Einkünfte hätten verpachten können, ohne dass ein wirtschaftlich rechtfertigender Grund besteht, so kann hierin ein Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht liegen. Ebenso kann es auch beurteilt werden, wenn die Hinterbliebenen den Stamm des ererbten Vermögens leichtfertig ausgeben und sich dadurch selbst der daraus zu erwartenden Zinsen, soweit diese dem Unterhalt zu dienen bestimmt waren, berauben.
Rz. 115
Verkaufen die Hinterbliebenen das ererbte Erwerbsgeschäft (oder Hausgrundstück), so ist der hieraus erzielte Erlös als Vermögensbestandteil nicht auf den Unterhalt anzurechnen. Laufende Einkünfte, welche die Hinterbliebenen aber aus der erneuten Anlegung dieses Vermögens erzielen, können anrechnungsfähig sein; denn sie k...