Rz. 118
Die Dauer der Rentenansprüche aus § 844 Abs. 2 BGB ist auf die Zeit beschränkt, in welcher der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens den Hinterbliebenen vermutlich unterhaltspflichtig gewesen wäre; die für die zeitliche Begrenzung der Geldrente maßgebliche mutmaßliche Lebensdauer des Getöteten ist im Urteil kalendermäßig anzugeben. Auch dies setzt eine Prognose voraus, insbesondere hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen sowie der voraussichtlichen Entwicklung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse. Mangels besonderer abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Getötete seine Arbeitsfähigkeit bis zum voraussichtlichen Zeitpunkt seiner altersbedingten Zurruhesetzung behalten hätte; für Letztere kann auf den gesetzlich vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand abgestellt werden. Je nach Art seines Berufes kann aber auch eine längere Arbeitsfähigkeit mit entsprechenden Verdienstmöglichkeiten in Betracht kommen (etwa bei einem Rechtsanwalt, einem Arzt oder Unternehmer); ein altersbedingter Einnahmerückgang ist jedoch stets in Betracht zu ziehen. Beim Unterhaltsschaden endet die Ersatzpflicht des Schädigers indes nicht zu diesem Zeitpunkt, wenn und soweit der Getötete auch aus seiner Altersversorgung Unterhaltsleistungen hätte erbringen müssen (dazu unten Rdn 120).
Rz. 119
Wird ein Ehepartner getötet, ist nicht selten zweifelhaft, ob die Ehe ohne den Unfalltod des einen Partners Bestand gehabt hätte. Steht fest, dass die Ehe des Getöteten, wäre es nicht zum Unfallereignis gekommen, durch Scheidung geendet hätte, ohne dass dem überlebenden Ehegatten ein Unterhaltsanspruch zugestanden hätte, so muss dies bei der Bemessung der Dauer des Schadensersatzanspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB berücksichtigt werden; der Rentenanspruch ist dann auf den Zeitpunkt der vermutlichen Rechtskraft des Scheidungsurteils zu begrenzen. Aus geäußerten Scheidungsabsichten kann indes noch nicht geschlossen werden, dass die Ehe ohne den Unfalltod tatsächlich geschieden worden wäre. Lebten die Eheleute schon getrennt oder war die Scheidungsklage bereits anhängig, kann eventuell nur noch Schadensersatz wegen Verlusts des Anspruchs auf den nachehelichen Unterhalt verlangt werden. Anders ist eventuell zu entscheiden, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Versöhnung bestanden. Es dürfte richtig sein, im Zweifel vom Fortbestand der Ehe auszugehen. Zwar wird inzwischen jede dritte Ehe geschieden, doch können daraus keine ausreichend sicheren Folgerungen abgeleitet werden. Erwägenswert ist, auf gesetzliche Bestimmungen abzustellen, z.B. § 1566 Abs. 2 BGB, wonach unwiderlegbar vermutet wird, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben.
Rz. 120
Der Unterhaltsschadensanspruch findet nicht mit dem voraussichtlichen Abschluss des Arbeitslebens des Getöteten sein Ende. Die Barunterhaltspflicht des getöteten Unterhaltspflichtigen ohne Unfalltod endet spätestens mit seinem mutmaßlichen Tod. Die mutmaßliche Lebenserwartung ist gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Lebensumstände zu schätzen; beim Fehlen individueller Anhaltspunkte ist auf die zum Todeszeitpunkt zeitnächste Sterbetafel zurückzugreifen. Die Barunterhaltspflicht verringert sich meist schon mit seinem mutmaßlichen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Ein Rentenurteil muss deshalb möglicherweise auf diesen Zeitpunkt begrenzt werden, wobei es dem Unterhaltsgeschädigten überlassen werden muss, auch danach noch bestehende Unterhaltsersatzansprüche zunächst durch Feststellungsurteil gegen Verjährung zu sichern und später beziffert geltend zu machen. Beim Unterhaltsschaden geht es allerdings um die fiktiven Bezüge, die der Getötete aus der Altersversorgung erhalten hätte. Liegen insoweit ausreichende Erkenntnisse vor, kann das zur Berechnung des Barunterhaltsschadens zu berücksichtigende künftige Einkommen aus Rentenbezügen und öffentlichen Zusatzversorgungen gem. § 287 ZPO auf der Grundlage vorläufiger Rentenberechnungen der Versorgungsträger geschätzt werden. Auf der Grundlage dieser Schätzung ist dann der Schadensersatzbetrag ab dem maßgeblichen Zeitpunkt anzupassen. Soweit der Getötete in guten Einkommensverhältnissen gelebt oder über ein größeres Vermögen verfügt hatte, kann die anzustellende Prognose auch ergeben, dass bei Beendigung seiner Arbeitsfähigkeit mit Wahrscheinlichkeit Ersparnisse in solcher Höhe vorhanden gewesen sein würden, dass die Erträgnisse hieraus maßgeblich zum Unterhalt der Familie hätten beitragen können; auch dies ist dann hinsichtlich der vermutlichen Leistungsfähigkeit des Getöteten nach altersbedingter Beendigung seines Arbeitslebens zu berücksichtigen.
Rz. 121
Nach § 844 Abs. 2 BGB ist darauf abzustellen, in welchem Umfang der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Unterhaltsgewährung verpflichtet gewesen wäre. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Schadensersatzrent...