a) Überblick
Rz. 81
Möglich ist, dass es zu mehreren Berufungen kommt, etwa bei Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils oder bei Berufung gegen Teil- und Schlussurteil oder auch im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckverfahren.
b) Erneute Berufung nach Zurückverweisung an erste Instanz
Rz. 82
Wird eine Entscheidung der Vorinstanz durch das Berufungsgericht aufgehoben und die Sache an das Vordergericht zurückverwiesen (siehe zur Zurückverweisung ausführlich auch § 14 Rdn 76 ff.), kann gegen das erneute erstinstanzliche Urteil wiederum Berufung eingelegt werden. Das neue Berufungsverfahren stellt dann wiederum eine eigene Angelegenheit dar (§ 17 Nr. 1 RVG). Der Anwalt erhält im zweiten Berufungsverfahren alle Gebühren erneut. Eine Anrechnung der Gebühren ist nicht vorgesehen. Der Gegenstandswert des zweiten Berufungsverfahrenshängt hängt dann davon ab, welche Anträge dort gestellt werden. Hier können sich abweichende Werte ergeben.
Beispiel 39: Erneutes Berufungsverfahren nach Zurückverweisung
Gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR hatte der Beklagte Berufung eingelegt. Das OLG hebt das erstinstanzliche Urteil auf und verweist die Sache an das LG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das LG verurteilt den Beklagten nach erneuter Verhandlung zur Zahlung in Höhe von 10.000,00 EUR. Dagegen legt der Beklagte erneut Berufung ein, über die mündlich verhandelt wird.
Es liegen jetzt zwei verschiedene Angelegenheiten vor. Jedes Berufungsverfahren ist eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG. Der Streitwert im ersten Berufungsverfahren belief sich auf 15.000,00 EUR; der Streitwert des zweiten Berufungsverfahrens beträgt dagegen 10.000,00 EUR.
I. |
Erstes Berufungsverfahren |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
|
1.148,80 EUR |
|
(Wert: 15.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
|
861,60 EUR |
|
(Wert: 15.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.030,40 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
385,78 EUR |
Gesamt |
|
2.416,18 EUR |
II. |
Zweites Berufungsverfahren |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
|
982,40 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
|
736,80 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.739,20 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
330,45 EUR |
Gesamt |
|
2.069,65 EUR |
c) Erneute Berufung nach Schlussurteil
Rz. 83
Wird sowohl gegen ein Teilurteil als auch gegen ein Schlussurteil Berufung eingelegt, stellt das neue Berufungsverfahren wiederum eine eigene Angelegenheit dar (§ 17 Nr. 1 RVG). Der Anwalt erhält in beiden Verfahren seine Gebühren gesondert aus dem jeweiligen Wert.
Beispiel 40: Berufung gegen Teil- und Schlussurteil
Der Kläger klagt auf Zahlung von 20.000,00 EUR. In Höhe von 15.000,00 EUR wird der Beklagte durch Teilurteil verurteilt. Dagegen legt er Berufung ein, über die mündlich verhandelt wird. Später wird der verbliebenen Klage durch Schlussurteil ebenfalls stattgegeben. Auch dagegen legt der Beklagte Berufung ein, über die verhandelt wird.
Auch jetzt liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor. Jedes Berufungsverfahren ist eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG. Der Streitwert im ersten Berufungsverfahren belief sich auf 15.000,00 EUR; der Streitwert des zweiten Berufungsverfahrens beträgt 5.000,00 EUR.
I. |
Erstes Berufungsverfahren |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
|
1.148,80 EUR |
|
(Wert: 15.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
|
861,60 EUR |
|
(Wert: 15.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.030,40 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
385,78 EUR |
Gesamt |
|
2.416,18 EUR |
II. |
Zweites Berufungsverfahren |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
|
534,40 EUR |
|
(Wert: 5.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
|
400,80 EUR |
|
(Wert: 5.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
955,20 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
181,49 EUR |
Gesamt |
|
1.136,69 EUR |
Rz. 84
Ein Hauptanwendungsfall dieser Konstellation ist die Berufung gegen die Entscheidung in der Auskunftsstufe aufgrund einer Stufenklage und die spätere Berufung gegen die Entscheidung im Betragsverfahren.
Rz. 85
Ebenso ist ein solcher Fall bei vorherigem Erlass eines Grundurteils gegeben (das ja ebenfalls nur eine besondere Form des Teilurteils ist). Auch dann fallen die Gebühren in der Berufung gesondert an.
Beispiel 41: Berufung gegen Grund- und Schlussurteil
Der Kläger klagt auf Schadensersatz in Höhe von 20.000,00 EUR. Das Gericht erlässt ein Grundurteil, wonach der Beklagte zu 75 % hafte. Dagegen legt der Beklagte Berufung ein, über die mündlich verhandelt wird. Der Wert wird auf 8.000,00 EUR festgesetzt (50 % der Klageforderung abzüglich 20 % Feststellungsabschlag). Nach Bestätigung des Urteils verurteilt das LG den Beklagten ausgehend von einem angenommenen Gesamtschaden von 15.000,00 EUR zur Zahlung von 7.500,00 EUR. Auch dagegen legt der Beklagte Berufung ein, über die verhandelt wird.
Es liegen jetzt zwei verschiedene Angelegenheiten vor. Jedes Berufungsverfahren ist eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15...