Rz. 37

Die Zusammenrechnung kommt grds. in Betracht, sofern den Eltern die Vermögenssorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB) zusteht und diese auch die Stimmrechte aus der Beteiligung umfasst, d.h. es darf kein Dritter (Dauerpfleger oder Bevollmächtigter) für die Ausübung der Stimmrechte bestellt worden sein.[67] Haben beide Eltern gemeinsam das Vermögenssorgerecht für das Kind, ist zu beachten, dass von einer bestimmten Ausübung dieses Rechts durch beide Eltern nur ausgegangen werden kann, wenn auch zwischen den Eltern die Zusammenrechnung der Anteile möglich ist (vgl. R 15.7 Abs. 8 EStR 2018).[68]

Dies ist nach einem Urteil des BFH vom 24.2.2000[69] der Fall, wenn die Anteile der Eltern als Personengruppe nach den allgemeinen Grundsätzen zusammengerechnet werden dürfen, also nicht die Ehe den Anlass für die Zusammenrechnung gibt, sondern die planmäßig gleichgerichtete Beteiligung und Interessen an beiden Unternehmen. Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind nach dem BFH-Urt. vom 14.4.2021[70] die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist. Ob eine Stimmenzurechnung ohne Ergänzungspflegschaft zulässig ist, lässt der IV. Senat offen.

Eine personelle Verflechtung durch Zusammenrechnung liegt nach der weitergehenden Auffassung der Finanzverwaltung in R 15.7 Abs. 8 EStR 2018 vor, wenn

einem Elternteil oder beiden Elternteilen und einem minderjährigen Kind an beiden Unternehmen jeweils zusammen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen sind.
Ist beiden Elternteilen an einem Unternehmen zusammen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen und halten sie nur zusammen mit dem minderjährigen Kind am anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte, liegt, wenn das Vermögenssorgerecht beiden Elternteilen zusteht, grds. eine personelle Verflechtung vor.
Hält nur ein Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte und hält er zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen, liegt grds. keine personelle Verflechtung vor; auch in diesem Fall kann aber eine personelle Verflechtung anzunehmen sein, wenn das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt oder wenn das Vermögenssorgerecht bei beiden Elternteilen liegt und zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen der Ehegatten vorliegen.
Ist nur einem Elternteil an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen und halten an dem anderen Unternehmen beide Elternteile zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte, liegt grds. keine personelle Verflechtung vor, es sei denn, die Elternanteile können zusammengerechnet werden und das Vermögenssorgerecht steht beiden Elternteilen zu.
[67] Kußmaul/Schwarz, GmbHR 2012, 834, 836 m.w.N.
[68] S.a. Carlé/Urbach, KÖSDI 2012, 18093, 18094.
[70] BFH, BStBl II 2021, S. 851: Ist ein Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt, erstreckt sich die elterliche Sorge gem. § 1630 Abs. 1 BGB nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist. Dies betrifft gerade das Verhältnis zu den Eltern. S. vertiefend Vosseler/Utwari, ZEV 2022, 135, 135 mit der Abgrenzung von Ergänzungspflegschaft und Zuwendungspflegschaft.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge