a) Besteuerung eines Betriebsaufgabegewinns
Rz. 249
Liegen keine Auffangtatbestände vor und kommt es zu den Rechtsfolgen einer Betriebsaufgabe ist zunächst eine Schlussbilanz (ggf. nach Übergang von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum Betriebsvermögensvergleich aufzustellen, vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG) und anschließend gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG das Betriebsvermögen des Besitzunternehmens zu gemeinen Werten abzüglich des Schlusskapitalkontos anzusetzen sowie der Differenzbetrag Betriebsaufgabegewinn oder -verlust zu versteuern. Die bisher in Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehaltenen Wirtschaftsgüter werden in das Privatvermögen der Besitz-Gesellschafter entnommen (vgl. zur Entnahme als fiktiver Anschaffung § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Auf den Betriebsaufgabegewinn können bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und die Tarifbegünstigung des § 34 EStG Anwendung finden. Hierbei ist zu beachten, dass die Tarifbegünstigung nicht anzuwenden ist, soweit es zur Aufdeckung von stillen Reserven in den Anteilen an der Betriebs-GmbH kommt, da diese bereits im Wege des Teileinkünfteverfahrens begünstigt werden (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Der anlässlich der Betriebsaufgabe realisierte Gewinn unterliegt nicht der Gewerbesteuer.
Rz. 250
Eine Entscheidung des BFH vom 20.1.2005 schafft mehr Klarheit im Hinblick auf das Vorliegen von Teilbetrieben bei Besitzgesellschaften. Unterhält eine Besitzgesellschaft neben der Verpachtung von Wirtschaftsgütern an die Betriebsgesellschaft noch einen eigenen Gewerbebetrieb, stellt die Betriebsaufspaltung einen Teilbetrieb bei der Besitzgesellschaft dar. Dieser Teilbetrieb kann nach den Regelungen der §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt veräußert werden. Als Veräußerung i.S.d. § 16 Abs. 1 EStG gilt nach Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift auch die Aufgabe eines Gewerbebetriebs. Die Regelung umfasst nicht nur Gewinne aus der Aufgabe eines ganzen Betriebs, sondern auch aus der Aufgabe eines Teilbetriebs.
Rz. 251
Wird die Betriebsaufspaltung durch eine Veräußerung der Anteile an der Betriebs-GmbH und/oder der zur Nutzung überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen zielgerichtet beendet und soll die Tarifbegünstigung gem. §§ 16, 34 EStG genutzt werden, ist jegliche steuerneutrale Veräußerung nicht mitveräußerter wesentlicher Betriebsgrundlagen in ein anderes Betriebsvermögen gem. § 6 Abs. 5 EStG schädlich (s. § 23 Rdn 379 ff.).
b) Verdeckte Einlagen der Anteile an der Betriebs-GmbH
Rz. 252
Darüber hinaus kann aber auch bei Fortbestehen einer Betriebsaufspaltung eine Umstrukturierungsmaßnahme zu einer Gewinnrealisierung führen. Der BFH hat in einem Urt. v. 20.7.2005 eine Gewinnrealisierung aufgrund einer Entnahme bei einem Besitzunternehmen angenommen, weil dieses die Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten verdeckt eingelegt hatte. Die empfangende Kapitalgesellschaft musste die eingelegten Wirtschaftsgüter gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grds. mit dem Teilwert bilanzieren. Damit korrespondierend hat der einlegende Gesellschafter grds. einen Entnahmegewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG) zu versteuern. Denn der verdeckten Einlage von einzelnen Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters geht grds. die vorherige Entnahme der nämlichen Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Einlegenden voraus.
Diese führte zu einer Aufdeckung der stillen Reserven im Besitzunternehmen, die im entschiedenen Streitfall als tarifbegünstigte Teilbetriebsaufgabe nach §§ 16 Abs. 3 und Abs. 4, 34 Abs. 1 EStG zu qualifizieren war, da die eingelegte Beteiligung eine 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und damit einen Teilbetrieb gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG darstellte. Die Einlage der Beteiligung hatte auf den Bestand der Betriebsaufspaltung keinen Einfluss, da der BFH mittelbare Betriebsaufspaltungen, die durch eine beherrschte Zwischen-GmbH vermittelt werden, als Fall der personellen Verflechtung anerkennt. Dies bedeutete im entschiedenen Fall, dass auch nach der verdeckten Einlage die Anteile an der Betriebs-GmbH weiter im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens verhaftet blieben.
Rz. 253
Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist die 100 %-Beteiligung an der Betriebs-GmbH als Teilbetrieb anzusehen. Rechtsfolge dieser Vorschrift ist die zwingende Buchwertfortführung ohne Aufdeckung der stillen Reserven. Es ist aber umstritten, ob die verdeckte Einlage eines Teilbetriebs in eine empfangende Kapitalgesellschaft unter den Tatbestand des § 6 Abs. 3 EStG subsumiert werden kann. Die Finanzverwaltung sieht im BMF-Schreiben vom 20.11. 2019 in Tz. 1 als aufnehmende Personen auch Kapitalgesellschaften an, sie postuli...