aa) Unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmerteilanteilen – Grundlagen
Rz. 171
I.R.d. Erbanfalls und der vorweggenommenen Erbfolge können einkommensteuerliche Rechtsfolgen ausgelöst werden, wenn Realisationstatbestände (in Gestalt der Entnahme von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens in das Privatvermögen) verwirklicht werden. Bei der Nachfolge in Personengesellschaften wird die Situation hier maßgeblich dadurch verkompliziert, dass der zivilrechtliche Gegenstand des Nachlasses oder der Sondererbfolge (der Kommanditanteil) und die einkommensteuerliche Bezugsgröße Mitunternehmeranteil (Anteil des Mitunternehmers am Reinvermögen der Personengesellschaft und das ihm zuzuordnende Sonderbetriebsvermögen) uneinheitlich sind. Es droht damit immer die Gefahr einer Entnahme der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens und die Aufdeckung von stillen Reserven im Gesellschaftsanteil.
bb) Verknüpfung von Sonderbetriebsvermögen und Mitunternehmeranteil
Rz. 172
Es ist geklärt, dass im Vorfeld der tarifbegünstigten Übertragung einer Sachgesamtheit aufgrund des Erfordernisses gem. §§ 16 Abs. 4, 34 EStG, die stillen Reserven des Mitunternehmeranteils zusammengeballt aufzudecken, eine zeitraumbezogene Betrachtung anzuwenden ist. S. zur Vertiefung § 23.
Rz. 173
Gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG führt auch die unentgeltliche Übertragung eines Teil-Mitunternehmeranteils zur Buchwertfortführung. Satz 2 der Vorschrift bestimmt, dass Sonderbetriebsvermögen unter Beachtung einer 5-jährigen Behaltefrist auch zurückbehalten werden kann. Nach dem BMF-Schreiben vom20.11.2019 gelten im Hinblick auf vorweggenommene Erbfolgen die folgenden Grundsätze:
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Es ist zwischen dem Übergang des gesamten Mitunternehmeranteils und eines Teil-Mitunternehmeranteils zu unterscheiden. Die Buchwertfortführung kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn auch nach den Parametern der neuen Rspr. ein "Mitunternehmeranteil" i.S.d. Vorschrift übertragen wird. |
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Beim Übergang eines gesamten Mitunternehmeranteils kann Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG (ganz oder anteilig) zurückbehalten werden, es wird dadurch aber eine 5-jährige Behaltefrist ausgelöst. Die quotale Übertragung des gesamten Sonderbetriebsvermögens und des gesamten Mitunternehmeranteils vermeidet eine Sperrfrist. |
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Beim Übergang von Teil-Mitunternehmeranteilen ohne vorhandenes Sonderbetriebsvermögen gilt gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG, dass die Buchwertfortführung gesichert ist. Hier stellen sich keine größeren Probleme. |
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Bei der Übertragung von Teil-Mitunternehmeranteilen und vorhandenem Sonderbetriebsvermögen ist zwischen quotalen und disquotalen Übertragungen zu unterscheiden. Unterquotale Übertragungen fallen unter § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG und lösen eine Sperrfrist aus. Überquotale Übertragungen sind insgesamt nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zu behandeln |
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Wichtig ist, dass die vorbeschriebenen Rechtsfolgen nur bei der Übertragung von sog. wesentlichem Sonderbetriebsvermögen eintreten. Die Trennung des Sonderbetriebsvermögens vom Mitunternehmeranteil im Vorfeld einer unentgeltlichen Anteilsübertragung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ist zum Buchwert möglich, wenn das Sonderbetriebsvermögen anlässlich oder vor der unentgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils "abgetrennt" wird. Die zeitgleiche Anwendung der Buchwertprivilegien nach § 6 Abs. 5 EStG und § 6 Abs. 3 EStG ist möglich, denn es steht der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörende Wirtschaftsgüter zeitgleich oder taggleich nach § 6 Abs. 5 EStG überführt oder übertragen werden. Wird aufgrund einheitlicher Planung zeitlich vor der Übertragung des Mitunternehmeranteils funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen unter Aufdeckung der stillen Reserven entweder unter Aufdeckung der stillen Reserven entnommen oder zum gemeinen Wert veräußert, kann der Mitunternehmeranteil ebenfalls nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen werden, sofern es sich bei dem verbleibenden "Restbetriebsvermögen" weiterhin um eine funktionsfähige betriebliche Einheit handelt. Zeitgleiche oder taggleiche Veräußerungen oder Entnahmen sind dagegen für eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG schädlich. |
cc) Bildung mitunternehmerischer Betriebsaufspaltungen bei Teilanteilsübertragungen
Rz. 174
Bei der vorweggenommenen Erbfolge oder im Erbfall können mitunternehmerische Betriebsaufspaltungen entstehen, wenn Wirtschaftsgüter, die im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers stehen und der Gesellschaftsanteil nach § 6 Abs. 3 EStG auf mehrere Personen übertragen werden oder im Regelfall der "Senior" seinen Mitunternehmeranteil anteilig mit der dem quotenentsprechenden oder einem unterquotalen Teil seines Sonderbetriebsvermögens auf den potenziellen Nachfolger überträgt.
Nach Tz. 39 des BMF-Schreibens vom...