I. Tatbestandliche Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung im Überblick
1. Typologie der Betriebsaufspaltung
Rz. 2
Bei Betriebsaufspaltungen werden Teile des Betriebsvermögens und der Funktionen eines eigentlich einheitlichen Unternehmens auf zwei oder mehrere Unternehmen aufgeteilt. Es bestehen zwei Rechtsträger: eine die wesentlichen Betriebsgrundlagen oder den gesamten Betrieb besitzende und diese zur Nutzung überlassende Besitzgesellschaft und die nutzende operative Betriebsgesellschaft. Wirtschaftlicher Effekt dieser Funktionsaufteilung ist eine Verlagerung von Einkünften aus der operativ tätigen Betriebsgesellschaft in das verpachtende Besitzunternehmen.
Rz. 3
Die steuerrechtliche Definition der Betriebsaufspaltung beruht auf der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 8.11.1971. Entscheidend ist nach dem Großen Senat für das Entstehen der Betriebsaufspaltung, ob die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen "einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen" haben. Ist dieser vorhanden, sind Besitz- und Betriebsunternehmen gleichwohl steuerlich getrennte selbstständige Unternehmen und nicht ein für steuerliche Zwecke fingiertes einheitliches Unternehmen.
Rz. 4
Wesensmerkmal der Betriebsaufspaltung ist damit der einheitliche geschäftliche Betätigungswille der hinter den Unternehmen stehenden Gesellschafter. Dieser kommt zum Ausdruck, indem kumulativ eine sog. personelle Verflechtung zwischen den Trägern der Besitzgesellschaft und denjenigen der Betriebsgesellschaft besteht und die (entgeltliche oder unentgeltliche) Überlassung von Wirtschaftsgütern durch die Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft erfolgt, welche wesentliche Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft bilden (sachliche Verflechtung).
Rz. 5
Checkliste: Wesensmerkmale der Betriebsaufspaltung
Betriebsaufspaltungen sind gekennzeichnet durch
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die Existenz sowohl eines Besitz- und als auch eines Betriebsunternehmens, |
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die zivilrechtlich und steuerlich selbstständige Rechtsträger sind, |
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die durch einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen verbunden sind, |
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der durch die personelle Verflechtung der oder des Trägers/Gesellschafter(s) beider Unternehmen in beiden Unternehmen durchgesetzt werden kann und |
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durch die gleichzeitige entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung mindestens einer wesentlichen Betriebsgrundlage zwischen beiden Unternehmen (sachliche Verflechtung) zur Nutzung zum Ausdruck kommt. |
2. Rechtsgrundlagen und Geltungsgrund
a) Zivilrecht/Öffentliches Recht
Rz. 6
Zivilrechtlich sind der Träger des Besitz- und der Träger des Betriebsunternehmens sowie deren Gesellschafter selbstständige Rechtssubjekte, die durch die Nutzungsüberlassung des Betriebs oder der wesentlichen Betriebsgrundlagen in schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zueinander treten. Bei diesen Rechtsbeziehungen kommen die Regelungen des im Einzelfall abgeschlossenen Vertrages oder gesetzlichen Vorschriften des Zivilrechts zur Anwendung. Darüber hinaus finden bei Betriebsaufspaltungen auf der Ebene des jeweils Besitz- und Betriebsunternehmens jeweils die allgemeinen Vorschriften des Handelsrechts, des Konzernrechts und des Insolvenzrechts Anwendung. Dasselbe gilt für das Arbeitsrecht, dem Bedeutung bei der Überleitung eines einheitlichen Betriebs auf ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen und bei der Frage des Vorliegens eines Gemeinschaftsbetriebs i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG zukommt. Kurzum: Es existiert weder eine zivilrechtliche Rechtsgrundlage der Betriebsaufspaltung noch ein "zivilrechtliches Sonderrecht" noch gibt es eine auf Betriebsaufspaltungen zugeschnittene spezifische Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften durch die Zivilgerichte.
Dies gilt auch für den Bereich des öffentlichen Rechts. Die Träger und das Besitz- oder das Betriebsunternehmen werden getrennt betrachtet und sind jeweils Adressaten von Verwaltungsakten.
b) Steuerliche Rechtsgrundlagen
Rz. 7
Für die negativen steuerlichen Folgen der Betriebsaufspaltung – die Annahme einer gewerblichen Nutzungsüberlassung durch das Besitzunternehmen statt einer vermögensverwaltenden Betätigung – stützt sich die Rspr. auf § 15 EStG und § 7 Satz 1 GewStG als Rechtsgrundlagen.
Hinweis
Dies führt einkommensteuerlich zur Gefahr der Abfärbung und Infizierung ansonsten nichtgewerblicher weiterer Einkünfte auf Ebene des Besitzunternehmens nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (bei Personengesellschaften als Besitzunternehmen), zur Verstrickung von Anteilen an einer Betriebskapitalgesellschaft (über § 17 EStG hinaus) und von Wirtschaftsgütern, die zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören (über § 23 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG hinaus). Die Gewinne des Besitzunternehmens unterliegen der Gewerbesteuerpflicht nach § 7 Satz 1 GewStG; zudem schließt die Nutzungsüberlassung auf Ebene des Besitzunternehmens die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus.
Rz. 8
Die in der Rspr. ausgeprägten tatbestandlichen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung beruhen verselbstständigt auf eigenen, durch das Richterrecht zu § 15 Abs. 2 EStG e...