aa) Vorgaben der Entscheidung des Großen Senats vom 8.11.1971
Rz. 24
Für den Großen Senat war in seinem Beschl. v. 8.11.1971 der einheitliche geschäftliche Betätigungswille zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen das entscheidende Merkmal, um beim Besitzunternehmen eine originäre gewerbliche Betätigung anzunehmen, da sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen Vermieters nur aufgrund dieses Kriteriums unterscheide. Hierauf stellt auch § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG ab.
Dieser einheitliche geschäftliche Betätigungswille trete – so der Große Senat – zwar am klarsten zutage, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt seien. Es genüge aber auch, dass die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrscht/beherrschen, in der Lage sei(en), auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen, da in diesem Fall die Vermietung oder Verpachtung der wesentlichen Betriebsanlagen in der Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens darstelle.
Im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats herrschte in der Praxis eine gewisse Verunsicherung dahin gehend, wann Betriebsaufspaltungen trotz der Selbstständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen für die Anwendung steuerlicher Vorschriften wegen des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens als einheitliches Unternehmen zu behandeln sind (sog. Einheitstheorie) und ob auf der Basis der sog. Trennungstheorie Betriebsaufspaltungen konzeptionell stets ein Dreiecksverhältnis voraussetzen, in dem das Besitz- und das Betriebsunternehmen wie "Schwestergesellschaften" nebeneinander stehen und von einer dahinter stehenden Person oder Personengruppe beherrscht werden müssen. Von dieser letzten Begriffsdefinition wären nur "horizontale Betriebsaufspaltungen" abgedeckt. "Vertikale Betriebsaufspaltungen" wären nicht denkbar, da in diesen Fällen das Besitzunternehmen selbst (und nicht die dahinterstehenden Gesellschafter) das Betriebsunternehmen als Gesellschafter beherrscht. Der Große Senat hat jedoch in seinem Beschl. v. 8.11.1971 auch die vertikalen Betriebsaufspaltungen anerkannt. Es genügt nach dem Beschluss für das Entstehen einer Betriebsaufspaltung, wenn die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Diese Begriffsdefinition umfasst auch den Fall, dass ein Besitzunternehmen, welches selbst Anteile an der Betriebsgesellschaft besitzt, seinen Willen auch in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Dementsprechend sind beide Formen von Betriebsaufspaltungen in der Praxis bekannt. Zudem hat die Rspr. des BFH nunmehr auch Fälle der mittelbaren Beherrschung umfassend anerkannt.
bb) Beschreibung der vertikalen und horizontalen Betriebsaufspaltungen
Rz. 25
Die vertikalen Betriebsaufspaltungen (sog. Einheitsbetriebsaufspaltungen) sind Sachverhaltskonstellationen, in denen alle (oder die Mehrheit der) Anteile an der Betriebsgesellschaft vom Besitzunternehmen selbst gehalten werden und das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen sind hierbei grds. nicht auf eine bestimmte Rechtsform festgelegt. Es gibt aufgrund des Vorrangs des Sonderbetriebsvermögens aber Einschränkungen bei Personengesellschaften als Betriebsunternehmen, in denen eine vertikale Betriebsaufspaltung nicht gebildet werden kann.
Hinweis
Sowohl für den Fall, dass der Mehrheitsgesellschafter "seiner" Betriebs-Personengesellschaft, als auch für den Fall, dass eine Mutter-Personengesellschaft als Besitzunternehmen (Obergesellschaft) einer Tochter-Personengesellschaft (Untergesellschaft) als Betriebsunternehmen mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen, werden die überlassenen Wirtschaftsgüter nicht dem Betriebsvermögen des überlassenden Gesellschafters in einem Besitzunternehmen zugeordnet. Die Wirtschaftsgüter werden wegen der Lehre des Vorrangs des Sonderbetriebsvermögens steuerlich als Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der nutzenden Gesellschaft erfasst, gehören zum Betriebsvermögen der nutzenden Gesellschaft, was die Zuordnung dieser Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen eines Besitzunternehmens ausschließt. Die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft hat steuerlich den Effekt, dass sich die Pachtzahlungen bei der Betriebsgesellschaft wegen der korrespondierenden Bilanzierung der Pachteinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters steuerlich nicht den Gewinn mindernd auswirken.
In der Praxis ist daher die vertikale Betriebsaufspaltung hauptsächlich in der Form der kapitali...