Rz. 174
Bei der vorweggenommenen Erbfolge oder im Erbfall können mitunternehmerische Betriebsaufspaltungen entstehen, wenn Wirtschaftsgüter, die im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers stehen und der Gesellschaftsanteil nach § 6 Abs. 3 EStG auf mehrere Personen übertragen werden oder im Regelfall der "Senior" seinen Mitunternehmeranteil anteilig mit der dem quotenentsprechenden oder einem unterquotalen Teil seines Sonderbetriebsvermögens auf den potenziellen Nachfolger überträgt.
Nach Tz. 39 des BMF-Schreibens vom 20.11.2019 ist davon auszugehen, dass einer unter § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG fallenden Übertragung unmittelbar eine Zurechnung der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens bei der neu entstehenden Besitzpersonengesellschaft nachfolgt. Eine Überführung in das Sonderbetriebsvermögen bei der Besitzpersonengesellschaft erfolge nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Buchwert. Dieser zweistufigen Betrachtungsweise ist der BFH gefolgt. Zur Rechtsnatur des Zuordnungswechsels hat das BFH-Urt. v. 22.9.2011 – IV R 33/08 klargestellt, dieser stelle keine echte Entnahme dar, da das auf den Betrieb der Besitzpersonengesellschaft übergehende Wirtschaftsgut für die Dauer der Betriebsaufspaltung zugleich latentes SBV bei der Betriebspersonengesellschaft bleibe.
Beispiel im BMF-Schreiben für eine quotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens
A ist zu 60 % an der AB OHG beteiligt, der er auch ein im Sonderbetriebsvermögen befindliches Grundstück zur Nutzung überlässt. In 2018 überträgt A die Hälfte seines Mitunternehmeranteils quotal (½ des Gesamthandsanteils und ½ des Sonderbetriebsvermögens) unentgeltlich auf C. Die AC-GbR überlässt das Grundstück der ABC-OHG entgeltlich zur Nutzung.
Lösung der Verwaltung
Zunächst liege eine unentgeltliche Teil-Mitunternehmeranteilsübertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG vor, der zwingend eine Buchwertfortführung vorschreibe. Im zweiten Schritt ändere sich aufgrund der steuerlichen Beurteilung des neu entstandenen Gebildes als mitunternehmerische Betriebsaufspaltung die bisherige Zuordnung des Grundstücks als Sonderbetriebsvermögen bei der OHG. Das Grundstück sei entweder Gesamthandsvermögen bei der AC-GbR oder stehe im Bruchteilseigentum von A und C. Bei Übertragung des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen erfolge dies nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG zum Buchwert, bei Bruchteilsgemeinschaft zwischen A und C werde das Grundstück Sonderbetriebsvermögen bei der gesamthandslosen Besitz-GbR aus A und C, sodass die Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Buchwert erfolge. Entstehe die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung durch eine unterquotale Übertragung, sei der Vorgang insgesamt nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG zu behandeln. Eine unterquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens in die Besitzpersonengesellschaft führe zu keiner schädlichen Veräußerung oder Aufgabe i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG (s. Tz. 38 des BMF-Schreibens).
Im BMF-Schreiben werden damit zwei unterschiedliche Fallgruppen angesprochen, bei denen es zur Bildung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung kommen kann. Dies sind die quotalen Übertragungen von Sonderbetriebsvermögen neben einem Teil-Mitunternehmeranteil und die unterquotalen Übertragungen von Sonderbetriebsvermögen neben einem Teil-Mitunternehmeranteil. Eine überquotale Übertragung von Sonderbetriebsvermögen wird im BMF-Schreiben nicht angesprochen, obwohl auch sie zur Bildung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung führen kann.
Rz. 175
Für die quotale Übertragung, die unter § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG fällt, greift das BMF-Schreiben die Grundsätze des BFH-Urt. v. 18.8.2005 auf, das auch bei der Bildung von Bruchteilseigentum von der Begründung einer Innen-GbR als Besitzgesellschaft ausgeht, falls beide Bruchteilseigentümer auch Mitunternehmer der Betriebspersonengesellschaft sind. Wie der BFH in dem vorgenannten Urteil klargestellt hat, werden die verpachteten Wirtschaftsgüter zu Sonderbetriebsvermögen bei der Besitzpersonengesellschaft.
Diese Rspr. aufnehmend, nimmt das BMF-Schreiben zutreffend an, im ersten Schritt werde eine Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG (der Sachgesamtheit Teil-Mitunternehmeranteil) verwirklicht, bei der das übertragene Wirtschaftsgut aus dem Sonderbetriebsvermögen zunächst in das Sonderbetriebsvermögen des Empfängers bei der Betriebspersonengesellschaft übergeht und der Empfänger zugleich Mitunternehmer wird oder seine Mitunternehmerstellung vergrößert. Eine Behaltefrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG entsteht in diesen Fällen nicht.
Anschließend wird im zweiten Schritt nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG, ohne eine Sperrfrist auszulösen, das Sonderbetriebsvermögen von den Mitunternehmern (Überträger und Empfänger) in deren Sonderbetriebsvermögen bei der neuentstehenden Besitz-GbR übertragen. Erfolgt dann anschließend eine Übertragung des zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgutes vom Sonderbetriebsvermögen der Besitzpersonengesellschaft in das Gesamthandsvermögen der Besitzpersonengesell...