Rz. 196

Für die steuerliche Sinnhaftigkeit der Betriebsaufspaltung ist zu prüfen, ob statt der zusammengesetzten Rechtsform mit einem verbindenden Nutzungsverhältnis die Gestaltungsalternative "reine Kapitalgesellschaft" oder reine Personengesellschaft z.B. als "GmbH & Co. KG" steuerlich vorteilhafter[382] ist (zu Belastungsunterschieden zwischen den Rechtsformen s. § 23 Rdn 420 ff.):

Bei Kapitalgesellschaften haben die Verbindung aus der Abschaffung des Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 5b EStG) und aus der Senkung des Körperschaftsteuer-Satzes auf 15 % sowie der gewerbesteuerlichen Herabsetzung der Messzahl auf 3,5 % (bei Hebesätzen von 400 %) eine Belastung der Kapitalgesellschaft von 29,83 % zur Folge, wobei die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage wegen der geänderten Hinzurechnungsvorschriften aus § 8 Nr. 1 GewStG von der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage deutlich nach oben abweichen kann. Gerade im Verlustfall können die Änderungen zu einer substanzartigen Besteuerung führen, wenn trotz der Verluste Gewerbesteuer anfällt.[383]
Bei Personenunternehmen ist in einkommensteuerlicher Hinsicht der Spitzensteuersatz für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 45 % in der oberen Proportionalzone gestiegen (Wegfall des § 32c EStG 2007). Zudem ist mit der Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG eine neue Determinante geschaffen worden, mit der eine Besteuerung im Begünstigungsjahr von 28,25 % + SolZ des begünstigungsfähigen "nicht entnommenen Gewinns" auf Antrag erreicht werden kann. Es handelt sich allerdings im Kern um eine Steuerstundung, da wegen der später sicher eintretenden Nachversteuerung auf jedem Begünstigungsbetrag eine latente Nachsteuer lastet, die im Nachversteuerungszeitpunkt ohne Liquiditätszufluss aus vorhandenem Vermögen zu leisten sein kann.[384] Im Vergleich zur Regelbesteuerung der Einkünfte führt die Begünstigung nur dann zu einem Vorteil, wenn bei einer späteren Nachversteuerung der thesaurierten Gewinnanteile die dann anfallende kumulative Belastung aus Einkommensteuer auf den Begünstigungsbetrag und Nachsteuer durch den Zinsvorteil abgedeckt wird, den der Steuerpflichtige daraus erzielt, dass er die zunächst ersparte Einkommensteuer im Zeitraum vom Begünstigungsjahr bis zur Nachversteuerung investieren oder anlegen kann.[385] Wegen der vielen Unklarheiten, der aufwendigen Regelungstechnik und begrenzten Nutzbarkeit v.a. bei Mitunternehmerschaften wird die Thesaurierungsbegünstigung in der Praxis und auch hier für die Steuerbelastungsbetrachtung ignoriert.[386]
Das Abzugsverbot der Gewerbesteuer in § 4 Abs. 5b GewStG hat zur Folge, dass die "Gewerbesteueranrechnung" nach § 35 EStG bei Personenunternehmen als einzige Entlastungsmaßnahme von der Gewerbesteuer verbleibt. Der Anrechnungsfaktor in § 35 Abs. 1 EStG ist der 3,8fache Messbetrag. Bei Hebesätzen oberhalb von 401 % verbleibt eine gewerbesteuerliche Mehrbelastung, der Steuerermäßigungsbetrag ist auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzt, Anrechnungsüberhänge verfallen. Eine Anrechnung der Gewerbesteuer der Betriebs-GmbH beim Besitzgesellschafter kommt nach einem Urteil des FG Düsseldorf in der Betriebsaufspaltung trotz der Einheitsbetrachtung nicht in Betracht.[387]
 

Rz. 197

Die nachfolgende Tabelle zeigt, welche gesetzlichen Regelungen die steuerliche Belastungssituation im Besitzunternehmen bestimmen. Deutlich wird die gestiegene Beratungskomplexität nach Ausgestaltungsform und innerhalb der verschiedenen Varianten nach persönlichen Verhältnissen der Gesellschafter. So hängt die Belastung entscheidend von persönlichen Faktoren wie der Beteiligungshöhe (Gewerbesteuer-Schachtelprivileg in § 9 Nr. 2a GewStG) oder dem Entstehen von Anrechnungsüberhängen nach § 35 EStG ab, die durch Planung wenig beeinflussbar sind

 
Klassische Betriebsaufspaltung (Anm.: Besitzeinzelunternehmen oder Besitzpersonengesellschaft und Betriebs-GmbH)
Pachtzinsen im Besitzunternehmen (Personenunternehmen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG, die der GewSt unterliegen und über die Steuerermäßigung gem. § 35 EStG entlastet werden. Die Thesaurierungsbegünstigung aus § 34a EStG kann für diese Einkünfte unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen Anwendung finden.

Regelbesteuerung ohne § 34a: Belastung bis zu 47,44 %;

bei Antrag gem. § 34a EStG im Begünstigungsjahr bis zu 36,16 %, hierbei Berücksichtigung des Praxisfalls, dass GewSt und ESt-Vorauszahlungen entnommen werden müssen und der Hebesatz 400 % beträgt.), bei Nachversteuerung 48,17 % (Anm.: Berechnung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die GewSt als nicht abziehbare Betriebsausgabe in die Begünstigung nach § 34a nicht einbezogen werden kann, und der HS 400 % beträgt.).
Dividenden von der Betriebs-GmbH (Anm.: Die Anteile gehören zum notwendigen Betriebsvermögen eines Besitzeinzelunternehmens und zum Sonderbetriebsvermögen einer Besitzmitunternehmerschaft.) Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG, die 2008 dem Halbeinkünfteverfahren, ab 2009 dem Teileinkü...

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