I. Wegfall der persönlichen und sachlichen Verflechtung
1. Gründe für den Wegfall der sachlichen und persönlichen Verflechtung
Rz. 246
Die Beendigung einer Betriebsaufspaltung kann ungewollt oder aber als geplanter Vorgang eintreten. Voraussetzung für die Beendigung ist, dass der einheitliche wirtschaftliche Betätigungswille entfällt, der durch die Merkmale der sachlichen und personellen Verflechtung konkretisiert wird. Ausreichend ist, dass entweder eine sachliche oder eine personelle Entflechtung eintritt. Die Gründe für einen solchen Vorgang sind vielfältig. Die Betriebsaufspaltung endet mit der logischen Sekunde, in der entweder die persönliche oder sachliche Verflechtung entfällt und zwar selbst dann, wenn die Beendigung der sachlichen/persönlichen Verflechtung in einem mehraktigen Plan eingebunden ist. Die Grundsätze zur zeitlichen Streckung eines Aufgabevorgangs und der Ermittlung des Aufgabegewinns gem. § 16 Abs. 3 EStG können selbst dann keine Anwendung finden, wenn das zur Nutzung überlassene Grundstück aus Sicht des Steuerpflichtigen als erster Teilakt im Rahmen einer Betriebsaufgabe veräußert wird.
Der Wegfall der sachlichen Verflechtung droht entweder daraus, dass das Miet- oder Pachtverhältnis beendet wird oder die überlassenen Wirtschaftsgüter keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr darstellen, weil die Betriebsgesellschaft aufgrund einer Änderung ihres Betriebs nunmehr andere Wirtschaftsgüter als wesentliche Betriebsgrundlagen nutzt. Die Übertragung eines Grundstücks auf Kinder unter Einräumung eines Nießbrauchsvorbehalts am verpachteten Grundstück an den beherrschenden Betriebsgesellschafter und unter Fortbestand des Pachtvertrages führt noch nicht zwingend zum Wegfall der sachlichen Verflechtung. Die Veräußerung eines Grundstücks, das Grundlage der sachlichen Verflechtung ist, führt zur sofortigen Beendigung der Betriebsaufspaltung mit der Entstrickung des gesamten Vermögens (auch der Anteile an der Betriebs-GmbH). Gleiches gilt für die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks durch den Besitzeinzelunternehmer auf einen Gesellschafter der Betriebs-GmbH, der das Grundstück anschließend der GmbH zur Nutzung überlässt.
Eine – die Annahme einer Zwangsbetriebsaufgabe vermeidende – Betriebsunterbrechung liegt vor, solange die Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit im Besitzunternehmen trotz Wegfalls der sachlichen Verflechtung objektiv möglich ist, der Steuerpflichtige keine Aufgabeerklärung abgibt und die wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und nicht wesentlich umgestaltet werden. Ein freies Wahlrecht auf Fortführung "ewigen Betriebsvermögens" besteht allerdings nicht. Übt der Steuerpflichtige im Rahmen seines Betriebs zwei verschiedene Betätigungen aus, kommt es für die Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht darauf an, dass beide Betätigungen nach der Unterbrechung wieder aufgenommen werden können; vielmehr reicht die Aufnahme einer der beiden Betätigungen aus. Auch das FG Niedersachsen hat in einem Urt. v. 1.12.2021 den Wegfall der sachlichen Verflechtung nicht als Auslöser für eine Zwangsbetriebsaufgabe im Besitzunternehmen angesehen, wenn im Besitzunternehmen neben der Nutzungsüberlassung eine vor der Grundstücksübertragung begonnene, weitere originäre gewerbliche Tätigkeit des Einzelunternehmers vorliegt, die zuvor bereits zum gewerblichen Verpachtungsbetrieb gehört hat, sodass quasi ein Einzelunternehmen bestehend aus zwei gewerblichen Tätigkeiten bestand.
Rz. 247
Häufiger tritt der Wegfall der personellen Verflechtung auf. Mögliche Gründe sind
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das Ausscheiden eines Gesellschafters, |
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die Veräußerung einer Beteiligung, der Erbfall mit dem Übergang der Beteiligungen an Besitz- und Betriebsunternehmen auf verschiedene Beteiligte, |
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die Aufnahme von Nur-Besitz- oder Nur-Betriebsgesellschaftern, |
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das Ausscheiden eines beherrschenden Gesellschafters aus der Betriebs-Gesellschaft im Erbfall aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen, |
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die Beendigung von Stimmrechtsbindungsverträgen, |
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die Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsbeteiligungen durch Dritte oder |
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die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Besitz- oder Betriebsunternehmen, da einem Insolvenzverwalter nach § 80 InsO die vollumfängliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Betriebsgesellschaft zusteht. Eine bestehende umsatzsteuerliche Organschaft zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen endet bereits bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Wegfall der organisatorischen Eingliederung wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zwar nicht in vollem Umfang auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen wird (§ 22 Abs. 1 InsO), aber faktisch für den gesamten noch verbleibenden operativen Geschäftsbereich übergeht. S.a. oben Rdn 44. |
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die einheitliche Testamentsvollstreckung über die Anteile am Besitz- und Betriebsunternehmen oder über den Pachtgegenstand und die Anteile am Betriebsunternehmen führt dann, wenn eine Dauertestamentsvollstreckung vorliegt und die einheitliche Willensdurchsetzung gewährleistet ist, nicht zum Wegfall der persönlichen Verflechtung (s.a. obe... |