1. Besteuerung vorweggenommener Erbfolgen und Erbfälle nach dem ErbStG
Rz. 265
Näher betrachtet werden hier die erbschaftsteuerlichen Folgen von Schenkungen im Rahmen vorweggenommener Erbfolgen und im Rahmen von Erbfällen unter der Prämisse, dass die personelle Verflechtung und damit Betriebsaufspaltung erhalten bleibt. Dies kann bei einer gekoppelten Übertragung der Anteile an der Betriebs-GmbH unter gleichzeitiger Übertragung des Betriebsgrundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt fraglich sein.
Für die Einheitsbetriebsaufspaltungen ist die Rechtslage hier wesentlich übersichtlicher, da zivilrechtlich nur die Übertragung von Anteilen an einer Obergesellschaft – entweder der Besitzpersonengesellschaft in der umgekehrten Betriebsaufspaltung oder an einer Kapitalgesellschaft in der kapitalistischen Betriebsaufspaltung auftritt. Steuerlich wird dies nachvollzogen, d.h. der Schenker oder Erblasser überträgt aus steuerlicher Sicht entweder nur einen Mitunternehmeranteil, z.B. an einer Besitz-GmbH & Co. KG oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft.
Für die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung und die typische Betriebsaufspaltung zu einer Betriebs-GmbH sind nach der zivilrechtlichen Rechtslage sowohl Beteiligungen an der Besitzgesellschaft oder Bruchteilseigentum (= Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei einer Innen-GbR) und simultan an der Betriebs-GmbH oder Betriebs-GmbH & Co. KG zu übertragen. Nach der ertragsteuerlichen Rechtslage ist bei der typischen Betriebsaufspaltung zudem die Beteiligung an der Betriebs-GmbH Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitzgesellschaft.
Rz. 266
Beim Übergang von Anteilen in einer typischen, mitunternehmerischen oder umgekehrten Betriebsaufspaltung, in denen Personengesellschaften vorhanden sind, im Rahmen eines Erbfalls bestimmen sich die näheren erbschaftsteuerlichen Rechtsfolgen für den oder die Erben nach der jeweils technisch gewählten Umsetzung der Nachfolgeplanung über Fortsetzungsklauseln, einfache oder qualifizierte Nachfolgeklauseln oder Eintrittsklauseln. Zur ertrag- und erbschaftsteuerlichen Behandlung wird auf § 17 verwiesen.
2. Besonderheiten in der Betriebsaufspaltung
a) Bewertungsebene
Rz. 267
Zur Struktur und Bewertung des Betriebsvermögens im seit 2016 geltenden ErbSt-Recht s. § 17 Rdn 18 ff. M.E. kann es in der Betriebsaufspaltung zum Ansatz des Mindestwerts gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG (Substanzwerts) kommen, da die Ertragswertbetrachtung in der Besitzgesellschaft auf Grundlage der Pachtzinsen und Dividenden zu erfolgen hat und bei hohen stillen Reserven in den verpachteten Betriebsgrundstücken der Substanzwert der Immobilien regelmäßig über dem Ertragswert liegen kann.
b) Verschonungssystem bei Betriebsvermögen mit Nachversteuerungsregelung
Rz. 268
Für die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen wird auf die Darstellung in § 17 Rdn 23 ff. verwiesen. Das Gesetz nimmt auch in der aktuellen Fassung (§ 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1–Nr. 5 ErbStG) bestimmte Gegenstände aus dem Verwaltungsvermögen aus. Dies hat für Betriebsaufspaltungen Bedeutung:
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Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke mit der Ausnahme von Grundstücksüberlassungen des Sonderbetriebsvermögens und im Rahmen eines Besitzunternehmens in der Betriebsaufspaltung (Rückausnahme: Schädlich ist die Verpachtung eines gesamten Betriebs). |
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Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt. |
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Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die unmittelbare Beteiligung mehr als 25 % beträgt, das Verwaltungsvermögen in dieser Tochtergesellschaft aber 50 % übersteigt (Durchgriffsbetrachtung). |
c) Besondere Fragen in der Betriebsaufspaltung
Rz. 269
Formulierung der Rückausnahme für den Verwaltungsvermögenstest: Die Rückausnahme mit der dortigen gesetzlichen Definition der Betriebsaufspaltung in § 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ErbStG erfasst nur die Beherrschung durch einzelne natürliche Personen und eine Personengruppe, nicht aber einige der vertikalen Betriebsaufspaltungen (vgl. Rdn 25 ff.). Eine Betriebs-GmbH kann zwar begünstigter Dritter i.S. § 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ErbStG sein. Die Einordnung des Grundstücks als Nicht-Verwaltungsvermögen setzt aber voraus, dass der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern zum relevanten Schenkungs- oder Todesstichtag einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte. Die Rückausnahme in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a ErbStG ist dabei eng auszulegen. Es handelt sich nicht um Regelbeispiele, sondern um einen Katalog, der die Voraussetzungen der Rückführung des von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgenommenen Verwaltungsvermögens in die Begünstigung abschließend nennt. Sowohl § 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ErbStG als auch die Vorgängerregelung nehmen mit dem Beherrschungserfordernis und das zur ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung begründete Merkmal der personellen Verflechtung Bezug. Letztere kann auf Grundlage der Beteiligungsidentität, aufgrund eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens oder aufgrund einer faktischen Beherrschung vor...