1. Vielfalt von Sachverhalten
Rz. 20
Betriebsaufspaltungen liegen in einer Vielzahl unterschiedlicher Konstellationen vor. Das "verklammernde Element" bei allen Betriebsaufspaltungen ist das Vorliegen einer sachlichen und persönlichen Verflechtung; die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung müssen nicht bei jeder Konstellation übereinstimmen. Die Praxis hat zur Unterscheidung der vielfältigen denkbaren Konstellationen die im Folgenden dargestellten Abgrenzungskriterien entwickelt. Es handelt sich hierbei nicht um Rechtsbegriffe, sondern lediglich um die Beschreibung bestimmter Sachverhaltskonstellationen.
2. Überblick über Abgrenzungskriterien bei Betriebsaufspaltungen
a) Abgrenzung nach dem Entstehungszeitpunkt
Rz. 21
Gemeinhin wird – bezogen auf den Bildungszeitpunkt – unterschieden zwischen der sog. "echten" Betriebsaufspaltung und der "unechten" Betriebsaufspaltung:
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Eine echte Betriebsaufspaltung liegt nach dieser Definition vor, wenn aus einem bestehenden Unternehmen eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft "durch Aufspaltung" gebildet werden. Häufig wird das Betriebsunternehmen hierfür erst neu gegründet. Es werden vom Besitzunternehmen entweder der gesamte Betrieb verpachtet oder die wesentlichen Teile des Anlagevermögens im Eigentum des Besitzunternehmens zurückbehalten und an die Betriebsgesellschaft vermietet oder verpachtet. Kennzeichnend ist auch, dass es sich um eine planvolle Aufspaltung des zuvor einheitlich geführten Unternehmens handelt. |
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Die Definition der unechten Betriebsaufspaltung knüpft daran an, dass das Betriebsunternehmen aktiv am Markt tätig ist und das Besitzunternehmen entweder gar nicht besteht oder es zwar existiert, aber die persönliche und die sachliche Verflechtung erst nachträglich eintreten. Hierbei handelt es sich in der Praxis sowohl um Fälle der nicht erkannten Betriebsaufspaltung, wenn z.B. wertvoller Grundbesitz einer Betriebsgesellschaft von deren Gesellschaftern zur Nutzung überlassen wird und um Fälle bewusst gestalteter Betriebsaufspaltungen (vgl. etwa zur unechten Betriebsaufspaltung zu einer vermögensverwaltend tätigen "Betriebs-GmbH"). |
Rz. 22
Die Unterscheidung zwischen der "echten" und der "unechten" Betriebsaufspaltung ist auf die historische Entwicklung der Rspr. zurückzuführen. Die Rspr. des RFH hatte die Besitz- und Betriebsgesellschaft nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch als "quasi" rechtliche Einheit betrachtet. Der Aufspaltungsakt eines zuvor einheitlichen Unternehmens in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft wurde als Fortführung des bisherigen Engagements in anderer Form und somit als Vorgang innerhalb eines Betriebs angesehen (sog. Restbetriebsgedanke). Dies brachte dem Steuerpflichtigen zwar Nachteile bei der späteren Behandlung der Vermietungseinkünfte der Besitzgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, dieses Verständnis erlaubte es aber auch, Gewinnrealisierungen im Zusammenhang mit dem Aufspaltungsvorgang zu vermeiden. Erstmals 1959 hat der BFH auch die Fälle, in denen einem bestehenden operativen Unternehmen nachträglich eine einzige wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen wurde, aus Gleichbehandlungsgründen der Betriebsaufspaltungs-Rspr. unterworfen. In der heutigen Rspr. werden die echte und die unechte Betriebsaufspaltung nach wie vor gleich behandelt.
b) Abgrenzung nach den beteiligten Rechtsträgern
Rz. 23
Die in der Praxis aufzufindenden Betriebsaufspaltungen lassen sich auch nach der Rechtsform der beteiligten Rechtsträger charakterisieren. Bei all diesen Rechtsformen ist immer eine persönliche und eine sachliche Verflechtung gegeben. Die Definitionen haben ebenfalls lediglich beschreibenden Charakter:
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Die "typische Betriebsaufspaltung": Diese Form ist dadurch gekennzeichnet, dass ein in der Rechtsform eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft betriebenes Unternehmen in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen aufgespalten wird. Das Betriebsunternehmen ist eine Kapitalgesellschaft. Besitzunternehmen ist das Personenunternehmen. Der Kapitalgesellschaft werden anschließend der gesamte Betrieb oder aber wesentliche Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen. |
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Bei der kapitalistischen Betriebsaufspaltung haben sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen die Rechtsform der Kapitalgesellschaft, wobei die Besitzkapitalgesellschaft als Muttergesellschaft selbst (oder mittelbar) zu mehr als 50 % an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt sein muss. Die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage zwischen Schwesterkapitalgesellschaften ist keine Betriebsaufspaltung. |
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Die sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung ist gegeben, wenn eine Besitzkapitalgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage oder ihren Betrieb an eine Betriebspersonengesellschaft verpachtet, die Betriebspers... |