1. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung
Rz. 129
Das Merkmal der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) auf Ebene einer Kapitalgesellschaft ist gesetzlich nicht definiert. Das KStG enthält lediglich in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG die Regelung der Rechtsfolge, dass auch vGA das Einkommen nicht mindern und in § 8 Abs. 7 Nr. 2 KStG hierzu eine Ausnahme. Der BFH definiert die Tatbestandsmerkmale einer vGA auf Ebene der Gesellschaft (Betriebs-GmbH) als
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eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, |
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die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, |
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sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und |
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in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. |
Das Merkmal der Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis nimmt der BFH bei der Betriebsaufspaltung an, wenn eine Betriebs-GmbH dem beherrschenden Besitzunternehmen einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Bei den für Betriebsaufspaltungen relevanten Rechtsbeziehungen (Pacht-/Mietvertrag, Gehaltszahlungen an Besitzgesellschafter sowie Darlehensbeziehungen zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft) besteht die Gefahr einer vGA hinsichtlich der Höhe der gezahlten Entgelte. Es wird anhand eines Fremdvergleichs (Drittvergleichs) geprüft, ob der Geschäftsleiter der Betriebs-GmbH die i.R.d. Rechtsbeziehung gewährte Vergütung auch einem Nichtgesellschafter gewährt hätte. Dies geschieht durch eine Angemessenheitsprüfung der gezahlten Entgelte, wobei die Rspr. im Besonderen für die Angemessenheitsprüfung des Pachtzinses sehr differenzierte Kriterien entwickelt hat. Zu Darlehensbeziehungen und Sollsalden auf Verrechnungskonten hat der BFH jüngst die Kriterien für eine Angemessenheitsprüfung konkretisiert. Ferner kann die bevorzugte Ablösung (Sondertilgung) eines unverzinslichen Gesellschafterdarlehens eine vGA auslösen, wenn die Betriebs-GmbH anschließend gezwungen ist, verzinsliche Bankdarlehen aufzunehmen. VGA können auf Grundlage einer verhinderten Vermögensmehrung nach der Geschäftschancenlehre auch entstehen, wenn die Gesellschafter der Betriebs-GmbH zur Abwendung einer Enteignung der den Gesellschaftern gehörenden Grundstücke eine Entschädigungszahlung vereinnahmen, mit der auch Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebs der GmbH abgegolten werden.
Ist Empfänger der Vergütung von der betriebs-GmbH ein beherrschender Gesellschafter im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, so liegt die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis auch dann vor, wenn die Betriebs-GmbH eine Leistung erbringt, für die es an einer klaren und im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (sog. Rückwirkungs- bzw. Nachzahlungsverbot) und welche i.Ü. dem Drittvergleich standhalten würde. Für die Beherrschung ist im Regelfall eine Beteiligung am Stamm- oder Grundkapital von mehr als 50 % erforderlich (Mehrheit der Stimmrechte). Der Gesellschafter kann somit entscheidenden Einfluss ausüben, weil er mit dieser Mehrheit Gesellschafterbeschlüsse erzwingen kann, da § 47 Abs. 1 GmbHG das Mehrheitsprinzip vorsieht.
Rz. 130
Ist eine vGA festgestellt, so ist i.H.d. vGA entsprechend § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen der Betriebsgesellschaft zu erhöhen und dieses erhöhte Einkommen der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu unterwerfen. Nach nunmehr herrschender Ansicht ist die erforderliche Korrektur außerhalb der Bilanz bei der Einkommensermittlung vorzunehmen.
Rz. 131
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind beim Anteilseigner Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Der vGA-Begriff auf der Gesellschafterebene ist eigenständig und von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG losgelöst. Für die Einkünfteermittlung des Besitzunternehmens (Alleingesellschafter der Betriebs-GmbH als natürliche Person, Mitunternehmerschaft oder Besitzkapitalgesellschaft) ist zu beachten, dass die die vGA begründenden Entgelte (z.B. der Pachtzins) bereits als gewerbliche Einkünfte (im Regelfall als gewerbliche Pachtzinsen) in der Veranlagung erfasst werden. Die Feststellung der vGA hat die Umqualifizierung der Einkünfte in gewerbliche Dividendeneinkünfte nach §§ 15, 20 Abs. 1 und 3 EStG zur Folge, da die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören (vgl. unten Rdn 197). Im Einzelnen ist für die steuerlichen Folgen auf der Gesellschafterebene nach der Eigenschaft des Gesellschafters zu differenzieren (s.a. § 23 Rdn 456):
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Alleingesellschafter als natürliche Person und Besitz-Mitunternehmerschaft: Die Einkünfte unterliegen nach der Umqualifizierung in Ausschüttungen dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) Refinanzierungsaufwendungen unterliegen dem Abzugsverbot aus § 3c Abs. 2 EStG. Gewerbesteuerlich werden die Ausschüttungen nach § 9 Nr. 2a GewStG aus der Bemessungsgrundlage des Besitzunternehmens gekürzt. Die Umsetzung dieser Begünstigung ist seit Einfü... |