I. Betriebsaufspaltungen als Gestaltungen des Mittelstands
Rz. 282
Bei der Grundsatzentscheidung, ob eine Betriebsaufspaltung begründet werden soll, ist aus diesem Beitrag ersichtlich geworden, dass es keine einheitliche Form der Betriebsaufspaltung gibt. Entsprechend kann eine Vorteils- und Nachteilsbetrachtung nur auf bestimmte Konstellationen eingehen.
Für den Kapitalgesellschaftskonzern, der in Form der kapitalistischen Betriebsaufspaltung zwar Zugang zu diesem Rechtsinstitut hat, ist die Betriebsaufspaltung als nicht relevant anzusehen und in der Regel schädlich, weil ihre Annahme die Versagung der erweiterten Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Besitzkapitalgesellschaft bewirkt oder ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG oder Betrieb gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) begründet werden.
Der Schwerpunkt liegt im mittelständischen Bereich bei natürlichen Personen als Besitzunternehmern. Diese stehen grds. vor der Wahl, ihr unternehmerisches Engagement in der Rechtsform der Personengesellschaft (einer GmbH & Co. KG) oder der Kapitalgesellschaft (i.d.R. einer GmbH oder kleinen AG) durchzuführen. Die Betriebsaufspaltung lässt sich als Variation zu diesen Grundformen begreifen, indem Teile des für den gewerblichen Prozess notwendigen Betriebsvermögens dem operativen Rechtsträger nicht zu Eigentum, sondern nur zur Nutzung überlassen werden.
Hinweis
Natürlich ist es auch möglich, die Betriebsaufspaltung in einigen Fällen als betriebswirtschaftlich geplante Aufteilung von eigenständigen Funktionen, z.B. der Produktions- und Vertriebsfunktionen, in verschiedenen Gesellschaften zu strukturieren. Hierin liegt aber nicht der eigentliche Kern der hier angesprochenen Fälle der Betriebsaufspaltung, die zumindest aus ihrem historischen Werdegang heraus immer von dem Versuch der Haftungsbeschränkung ("Asset Protection") oder Nachfolgeplanung einerseits und der Minderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage durch die gezielte Verlagerung von Einkommen geprägt war, was nicht zuletzt im Merkmal der sachlichen Verflechtung seinen Ausdruck gefunden hat.
II. Zivilrechtliche und wirtschaftliche Überlegungen
Rz. 283
In zivilrechtlicher Sicht steht bei der Entscheidung für eine Betriebsaufspaltung regelmäßig der Wunsch nach einer Haftungsbeschränkung im Vordergrund. Die beim Besitzunternehmen verbleibenden Anlagegegenstände sind, abgesehen von der nunmehr deutlich verschärften steuerlichen Haftung nach § 74 AO, im Idealfall der Haftung entzogen. Es ist jedoch fraglich, ob in der Praxis dieser Idealfall überhaupt existiert, da regelmäßig auch der oder die Besitzunternehmer, z.B. bei der Anschaffung eines nachträglich an die Betriebsgesellschaft verpachteten Grundstücks, bei der Finanzierung persönlich einstehen müssen.
Rz. 284
Zudem können im Insolvenzfall die Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt werden (s. zu § 135 InsO unter § 28 Rdn 348 ff.). Es lässt sich daher zum Aspekt der Haftungsbegrenzung zusammenfassend sagen, dass auch die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter de facto erheblichen Beschränkungen in der Verfügungsgewalt der Besitzunternehmer unterliegen.
Rz. 285
Die Gefahr der Durchgriffshaftung nach den Grundsätzen des existenzvernichtenden Eingriffs ist aufgrund der Betriebsaufspaltung nicht größer als in dem Fall, in dem das unternehmerische Engagement über eine vollständig beherrschte Kapitalgesellschaft ohne Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen durchgeführt wird. Hier steht die Betriebsaufspaltung ohne Vor- aber auch ohne Nachteile dar.
Rz. 286
Besondere Vorteile bietet die Betriebsaufspaltung dadurch, dass durch die Verlagerung von Einkünften in das Besitzunternehmen eine Trennung von unternehmerisch tätigen und "konsumierenden" Familienangehörigen möglich ist. So kann der Lebensunterhalt nicht aktiv unternehmerisch tätiger Familienmitglieder (Nur-Besitzgesellschafter) durch Pachtzinseinnahmen gesichert, gleichzeitig aber die Betriebs-GmbH durch Manager oder Familienmitglieder ohne Einflussnahme geführt werden. Zudem ermöglicht die Betriebsaufspaltung auch die Nachfolgeplanung im mittelständischen Bereich, da durch die Trennung in Betriebs- und Besitzunternehmen eine wertmäßige Gleichstellung aller Abkömmlinge erreicht werden kann, ohne dass der in Betriebsunternehmen befindliche operative Geschäftsbereich von der Nachfolge beeinträchtigt wird. Allerdings ist im Auge zu behalten, dass Nur-Besitzgesellschafter und Doppelgesellschafter mit individuellen Beteiligungen unter 25 % an der Betriebs-GmbH nicht unter die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen fallen.
III. Steuerliche Belastungssituation
1. Betriebsaufspaltung als Kind der steuerlichen Gestaltungsberatung
Rz. 287
Die Betriebsaufspaltung ist vorwiegend ein steuerlich motiviertes Rechtsinstitut. Seitdem in den 30er-Jahren die ersten Gestaltungen auftauchten, ist es das Ziel der Betriebsaufspaltungen gewesen, die Gesamtsteuerlast hinsichtlich der laufenden Besteuerung zu senken. Dies geschieht, indem Einkünfte aus einem operativ tätigen Rechtsträger in die Sphäre des Besitzunternehmens verlagert werden. Ursprünglich zielte die Gestaltung auf die Senkung der gewerbesteuerlichen Belastung, indem durch den ...