Rz. 17
Der Geschädigte hat für seinen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung zunächst die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Haftungsgrundes darzulegen und gemäß den strengen Anforderungen des § 286 ZPO zu beweisen (zum vertraglichen Ersatzanspruch vgl. § 4 Rdn 13 ff.).
Rz. 18
Diese Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich grds. darauf, dass
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eine – vom Willen beherrschte – Verletzungshandlung (vgl. aber §§ 827, 828 BGB: siehe Rdn 21) des in Anspruch genommenen Schädigers vorliegt und diese – vorbehaltlich eines vom Schädiger zu beweisenden Rechtfertigungsgrundes – widerrechtlich ist, soweit ausnahmsweise die Rechtswidrigkeit der schädigenden Handlung nicht indiziert ist (vgl. Rdn 8 ff.); |
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dem Schädiger ein Verschulden vorzuwerfen ist – die Beweisregel des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ist auf Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB grds. nicht anzuwenden – und |
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ein adäquater Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Handeln und der ersten Rechtsgutverletzung (haftungsbegründende Kausalität) besteht. |
Rz. 19
Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Arzthaftung, Produzentenhaftung, Kapitalanlageberatung und der Haftung für Immissionsschäden Beweiserleichterungen bis zur Beweislastumkehr entwickelt hat, sind diese auf die Besonderheiten dieser Haftungsbereiche zugeschnitten und deswegen auf anders gelagerte Haftungstatbestände aus unerlaubter Handlung nicht übertragbar.
Rz. 20
Der Beweis des Verschuldens kann dadurch erleichtert sein, dass eine feststehende objektive Pflichtverletzung ein Verschulden indiziert.
Rz. 21
Im Rahmen der §§ 827, 828 BGB (vgl. § 829 BGB) hat der Schädiger darzulegen und zu beweisen, dass seine Schadenshandlung im Zustand der Bewusstlosigkeit vorgenommen worden ist oder ihm die Zurechnungs- und Schuldfähigkeit gefehlt hat. Einen Haftungsgrund aus § 827 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen.
Rz. 22
Die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten für den konkreten Haftungsgrund kann durch den Beweis des ersten Anscheins erleichtert, aber nicht umgekehrt werden (zur Vertragshaftung vgl. § 5 Rdn 21 ff.). Danach kann bei einem typischen Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung von einer bestimmten – typischen – Ursache auf einen bestimmten – typischen – Erfolg und umgekehrt geschlossen werden. Der Schädiger kann dem Anscheinsbeweis die Grundlage entziehen, indem er Umstände aufzeigt und diese notfalls beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen – atypischen – Geschehensablaufs ergibt, der vom erfahrungsgemäß normalen Lauf der Dinge abweicht; gelingt dies, so verbleibt dem Geschädigten die uneingeschränkte Beweislast für die Voraussetzungen seines Anspruchs.
Wer der in Anspruch genommenen Partei schuldhaft die Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, kann sich nicht auf dessen Beweiserleichterung berufen.