I. Grundlegendes
Rz. 21
Bei der Verwaltung und Auseinandersetzung des digitalen Nachlasses ist keine Unterscheidung von digitalem und analogem Nachlass vorzunehmen. Wie beim analogen Nachlass muss bei allen Maßnahmen zwischen Verwaltungsmaßnahmen und Verfügungen unterschieden werden. Wird der digitale Nachlass auseinandergesetzt, entstehen die Probleme oftmals aufgrund seiner Beschaffenheit. Seine Teilung in Natur gem. § 752 BGB, wonach sich die Nachlassbestandteile ohne Wertminderung in gleichartige, den Anteilen der Teilhaber entsprechende Teile zerlegen lassen müssen, scheidet regelmäßig aus. Im nächsten Schritt, seiner Versilberung nach § 753 BGB, entsteht das Problem, dass der digitale Nachlass zwar sehr werthaltig sein kann, dessen Veräußerung an einen Dritten wie bei Nutzungsrechten aber oftmals an seiner Verkehrsfähigkeit scheitert. Die gängigen Mittel zur Durchsetzung der Teilung oder Veräußerung sind daher ebenfalls meistens nicht gangbar. Eine Auseinandersetzung des digitalen Nachlasses wird daher durch Übertragung des Gegenstandes an einen Miterben, dessen Versteigerung unter den Miterben nach § 753 Abs. 1 S. 2 BGB oder durch sonstige Vereinbarung der Miterben erfolgen. Eine richterliche Billigkeitsentscheidung in der Form, dass ein Nachlassgegenstand einem Miterben zugewiesen wird, ist nicht anzuerkennen.
II. Erbauseinandersetzung von E-Mail- und Social-Media-Accounts
Rz. 22
Der Gebrauch eines Nachlassgegenstandes, auch eines digitalen, steht gem. §§ 2038 Abs. 2, 743 Abs. 2 BGB jedem Miterben zu. In Hinblick auf E-Mail-Konten werden sich die Verwaltungsmaßnahmen auf eine Sortierung und Durchsicht der einzelnen E-Mails, deren Löschung und letztlich auf die Kündigung des E-Mail-Kontos beziehen. Die Kündigung eines E-Mail-Kontos durch die Erben stellt eine Verfügung i.S.d. § 2040 BGB dar. Es handelt sich bei der Kündigung um eine Gestaltungserklärung, die unmittelbare Einwirkung auf ein nachlasszugehöriges Recht besitzt und dieses zum Erlöschen bringt (zur Kündigung als Verfügung im Allgemeinen siehe § 4 Rdn 20). Das Gleiche gilt für die endgültige Löschung einzelner E-Mails, da mit der Löschung die E-Mail als Nachlassbestandteil quasi zerstört wird. Dementsprechend darf eine Kündigung des Kontos wie auch die Löschung einzelner E-Mails nur mit Zustimmung aller Miterben vorgenommen werden.
Rz. 23
Die Ausführungen zur Löschung einzelner E-Mails und Kündigung des Vertrags kann auf die Löschung von Kommunikation, Beiträgen oder Fotos bei Social-Media-Accounts und deren Kündigung übertragen werden. Folgt man der Ansicht Reichs und stellt die aktive Weiternutzung des Social-Media-Accounts vererblich, würde das bei einer Erbengemeinschaft dazu führen, dass der Social-Media-Account mitsamt Weiternutzungsoption i.R.d. Erbauseinandersetzung auf einen Miterben übertragen werden kann. Inwiefern eine Veräußerung eines Accounts an einen Dritten zulässig ist, muss im Einzelfall anhand der Nutzungsbedingungen des jeweiligen Providers geprüft werden.
III. Erbauseinandersetzung an lokalen Datenträgern und lokal gespeicherter Daten
Rz. 24
Die Verwaltung des lokalen Datenträgers richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen der Verwaltung einer Erbengemeinschaft.
Rz. 25
Der Auseinandersetzungsanspruch des § 2047 Abs. 1 BGB umfasst nicht die Schriftstücke, die sich auf die persönlichen Verhältnisse des Erblassers, auf seine Familie, auf den ganzen Nachlass oder Unterlagen über die Verwaltung des Nachlasses beziehen. Diese Schriftstücke bleiben gemeinschaftliches Vermögen, sofern sich die Miterben nicht auf eine anderweitige Verteilung einigen. Von dem Begriff der "Schriftstücke" sind jedoch nicht nur originäre Papierdokumente erfasst, sondern auch gespeicherte Daten, die ausgedruckt werden können. Die ausdrückliche Verwendung des Begriffs "Schriftstück" hindert die Anwendung der Norm auf digitale Dateien i.S.d. § 2047 Abs. 2 nicht. Der Zweck der Norm, dass die Schriftstücke aus ideellem Interesse, aber auch zu Beweiszwecken, jederzeit, jedem Miterben zur Verfügung stehen, greift bei in Dateien festgehaltenen Schriftstücken ebenso wie bei solchen in Papierform. Die Digitalisierung sorgt dafür, dass immer mehr, auch amtliche Schriftstücke, nur in digitaler Form vorliegen, und zeigt gleichzeitig, dass digitalen Schriftstücken kein geringerer Wert als analogen Schriftstücken zukommt.
IV. Erbauseinandersetzung von erworbenen Nutzungsrechten an digitalen urheberrechtlich geschützten Werken
Rz. 26
Für den Download urheberrechtlich geschützter Werke wie Musik, Filme oder Bücher muss eine Datei heruntergeladen werden, die das entsprechende Werk enthält. ...