Rz. 41
Das Ehegüterrecht gehört nicht zum sogenannten Kernbereich der familienrechtlichen Ausgleichsregelungen. Allerdings müssen sich vertragliche Regelungen im Rahmen der gesetzlichen Güterstände bewegen. Die Gestaltung eines vertraglichen "Phantasie"- oder "Mischgüterstandes" wird abgelehnt.
Die Vereinbarung der in § 1408 BGB ausdrücklich gesetzlich vorgesehen Gütertrennung ist im Regelfall unbedenklich, aber nicht zweckmäßig (vgl. unten Rdn 74). Der Ausschluss des Zugewinnausgleichs ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig nicht sittenwidrig. Der Bundesgerichtshof erkennt insbesondere das Interesse des Unternehmers an der Erhaltung der wirtschaftlichen Substanz seiner Unternehmensbeteiligung sowie der Vermeidung einer Gefährdung dieser Substanz durch zugewinnausgleichsrechtliche Ausgleichszahlungen an, und zwar selbst dann, wenn der Unternehmer außerhalb des Unternehmens keine Versorgungsanwartschaften erworben hat, die zugunsten des anderen Teils ausgeglichen werden können. Entsprechendes gilt für die Modifikation der Ausgleichsregelungen im gesetzlichen Güterstand des Zugewinnausgleichs (vgl. unten Rdn 80 ff.).
Rz. 42
Eine verfassungsrechtlich gebotene Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten lehnen die herrschende Meinung in der Literatur und Rechtsprechung für die Gestaltung des Ehegüterrechts ab. Sind weitgehende Ausschlüsse auf dem Gebiet des Güterrechts mithin für sich betrachtet unbedenklich, so darf nicht verkannt werden, dass in Fällen eines extremen subjektiven Ungleichgewichts der Vertragsparteien in den Vertragsverhandlungen auch der Ausschluss des Zugewinnausgleichs sittenwidrig und nichtig sein kann, insbesondere wenn weitere Totalausschlüsse auf dem Gebiet der Altersvorsorge und des Unterhaltsrechts hinzutreten oder keine Altersvorsorge in Form von unter den Versorgungsausgleich fallenden Rentenanwartschaften betrieben wird.
Rz. 43
Im Grundsatz ist eine Teilhabe am Vermögen des anderen Ehegatten selbst dann nicht geboten, wenn keine ausreichende Absicherung der Altersversorgung über dem Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 VersAusglG unterliegende Versorgungen (gesetzliche Rente, Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung, betriebliche Altersvorsorge für Arbeitnehmer oder private Alters- oder Invaliditätsvorsorge auf Rentenbasis) betrieben wird. Diese Konstellation ist bei Unternehmerehen häufig anzutreffen. In diesen Fällen der Funktionsäquivalenz von güterrechtlichem Ausgleich und Versorgungsausgleich muss bei der Vertragsgestaltung geprüft werden, inwieweit der Ausschluss des Zugewinnausgleichs oder die Gütertrennung auch dann rechtlich zulässig sind, wenn der Versorgungsausgleich vertraglich ebenfalls ausgeschlossen oder mangels auszugleichender Anwartschaften von vornherein absehbar nicht stattfinden würde. Der BGH hält grundsätzlich an seiner Auffassung fest, dass zwischen den Ausgleichssystemen des Ehegüterrechts und des Versorgungsausgleichs streng zu unterscheiden ist: Der Umstand, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, schränkt demnach den güterrechtlichen Gestaltungsspielraum nicht ein. Allerdings hält der BGH ein "Hinübergreifen" im Wege der Ausübungskontrolle in die güterrechtliche Gestaltung für möglich in eng begrenzten Fällen, insbesondere bei einer Haushaltsführungsehe, um dem Ehegatten, der im Versorgungsausgleich keinerlei Kompensation erhält, eine angemessene Altersabsicherung aus dem nicht dem Versorgungsausgleich unterliegenden Vermögen des anderen Teils zu verschaffen. Problematisch sind die Fallgestaltungen, in denen die Eheleute schon bei Vertragsabschluss von einem Ehetyp ausgegangen sind, der hinsichtlich der Altersvorsorge zu ehebedingten Nachteilen des Berechtigten führen muss, zum Beispiel weil es einem Ehegatten durch die Aufteilung der Aufgaben in der gemeinsamen Lebensführung (Familienarbeit, Kindererziehung) erschwert wird, eigene Altersversorgung zu erwerben. Erwirbt dann der andere Teil keine Rentenanwartschaften, findet eine Kompensation der ehebedingten Nachteile über den Versorgungsausgleich nicht statt. Zwar wird dieser Nachteil nicht durch einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs hervorgerufen. Im Ergebnis macht es allerdings keinen Unterschied, wenn Eheleute zwar den Versorgungsausgleich nicht ausschließen, aber damit rechnen, dass über diese Ausgleichsform ehebedingte Nachteile des verzichtenden Ehegatten nicht ausgeglichen werden, weil beide Ehegatten nicht beabsichtigen, im Versorgungsausgleich auszugleichende Versorgungen zu bilden. Wenn die Vertragsparteien sehenden Auges für den Fall eines Scheiterns der Ehe eine Altersarmut des verzichtenden Ehegatten in Kauf nehmen, lässt sich damit die Sittenwidrigkeit des kompensationslosen Ausschlusses des Zugewinnausgleichs begründen. Es ist daher rechtlich risikobehaftet, den Zugewinnausgleich auszuschließen, ohne rechtsverbindlich zu regeln, wie eine angemessene Altersvorsorge des anderen Ehegatten nach den subjektiven Vorst...