a) Allgemeines
Rz. 105
Das Nachlassgericht hat nach § 2361 S. 1 BGB einen unrichtigen Erbschein einzuziehen. Mit Bewirkung der Einziehung wird der Erbschein kraftlos nach § 2361 S. 2 BGB. Erst wenn die Urschrift und sämtliche erteilten Ausfertigungen beim Nachlassgericht wieder eingegangen sind, ist die Einziehung bewirkt. Damit tritt dann auch erst die Kraftlosigkeit des Erbscheins ein. Abschriften eines Erbscheins werden nicht eingezogen. § 353 FamFG regelt ausdrücklich, dass in dem Beschluss über die Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins ausdrücklich festzustellen ist, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
b) Verfahren der Einziehung
Rz. 106
Das Verfahren zur Einziehung kann von Amts wegen erfolgen; ein entsprechender Antrag ist als Anregung zu verstehen, ist aber in der Praxis häufig Anlass für die Einziehungsanordnung durch das Nachlassgericht. Das Nachlassgericht hat einen Einziehungsbeschluss zu treffen, sobald es abschließend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der erteilte Erbschein unrichtig ist.
Rz. 107
Eine bloße Berichtigung des erteilten Erbscheins kommt nur in sehr engen Grenzen vor, nämlich wenn offenkundig Schreibfehler oder unerhebliche Falschbezeichnungen vorliegen.
Rz. 108
Die Einziehung ist auch noch lange Zeit nach der Erteilung möglich, es gibt dafür keine zeitliche Begrenzung.
c) Unrichtigkeit des Erbscheins
Rz. 109
Das Nachlassgericht hat die Einziehung anzuordnen, sobald es die Unrichtigkeit des erteilten Erbscheins festgestellt hat. Zu unterscheiden ist dabei die sog. formelle Unrichtigkeit, wenn also im Erbscheinserteilungsverfahren Fehler erfolgt sind, aber der Inhalt des Erbscheins richtig ist, und die sog. inhaltliche Unrichtigkeit, also der Inhalt des Erbscheins unrichtig ist. Die inhaltliche Unrichtigkeit kann durch eine falsche Angabe eines Beteiligten oder durch ein später aufgetauchtes wirksames Testament entstehen. Auch ein Testamentsvollstreckerzeugnis kann eingezogen werden, sofern es unrichtig ist.
Rz. 110
Beispiele für eine inhaltliche Unrichtigkeit eines Erbscheins:
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falscher Erbe; |
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falsche Erbquote; |
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kein oder unrichtiger Testamentsvollstreckervermerk; |
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kein oder unrichtiger Nacherbenvermerk. |
Rz. 111
Folgende Fälle bedingen keine Unrichtigkeit des Erbscheins:
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Wechsel in der Person des Testamentsvollstreckers; |
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Veräußerung eines Erbteils; |
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Ausscheiden eines Miterben aus einer Erbengemeinschaft; |
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Verpfändung eines Erbteils. |
d) Zuständigkeit und Einziehungsanordnung
Rz. 112
Ausschließlich zuständig für die Einziehung eines unrichtigen Erbscheins ist das Nachlassgericht, das den Erbschein ursprünglich erteilt hat. Das Beschwerdegericht kann die Einziehung nicht anordnen, es kann lediglich das Nachlassgericht anweisen, den unrichtigen Erbschein einzuziehen.
Rz. 113
Das Nachlassgericht hat von Amts wegen – gleich wie bei der Entscheidung über die Erteilung des Erbscheins – sämtliche Tatsachen zu ermitteln, die für die Unrichtigkeit des Erbscheins maßgeblich sein können, § 26 FamFG. Die von der Einziehung betroffenen Personen sind dabei in gleicher Weise zu hören wie beim Erbscheinsverfahren selbst auch.
Rz. 114
Muster 15.16: Einziehungsbeschluss
Muster 15.16: Einziehungsbeschluss
Beschluss
Es ergeht der Beschluss, dass der durch das Nachlassgericht _________________________ erteilte Erbschein nach dem Tod des Herrn _________________________, verstorben am _________________________ in _________________________, geb. am _________________________, zuletzt wohnhaft in _________________________, als unrichtig eingezogen wird.
Gründe:
Der erteilte Erbschein ist unrichtig, da das diesem Erbschein zugrunde gelegte Erbrecht falsch ist. Der durch den Erbschein als Alleinerbe ausgewiesene Erbe Herr _________________________ hat das Testament gefälscht, wie das Nachlassgericht nun durch ein Schriftgutachten des Gutachters _________________________ festgestellt hat. Da damit keine wirksame Verfügung von Todes wegen vorliegt, kommt das gesetzliche Erbrecht zur Anwendung, wonach der bisherige Alleinerbe nicht Erbe wird. Der bisher erteilte Erbschein ist deshalb als unrichtig einzuziehen.
Verfügung:
Die Ausfertigung des Beschlusses ist an den Erbscheinserben zuzustellen.
Zusatz:
Der Erbschein in seiner Urschrift wie auch die am _________________________ erteilte Ausfertigung ist innerhalb einer Woche an das Nachlassgericht _________________________ herauszugeben. Der Erbscheinserbe hat umgehend mitzuteilen, wo sich die erteilte Ausfertigung befindet, falls er nicht mehr im Besitz der Ausfertigung ist. Falls er keine Kenntnis über den Verbleib der Ausfertigung hat, so hat er dies ebenfalls umgehend mitzuteilen. Falls der Erbscheinserbe dieser Aufforderung nicht innerhal...