Rz. 49

Ob das Nachlassgericht zur Ermittlung einer Tatsache den Frei- oder den Strengbeweis wählt, ist dem Gericht nach § 29 FamFG freigestellt.[77] Im Freibeweisverfahren lässt sich, wenn Eile geboten ist, naturgemäß rascher eine notwendige Tatsache ermitteln, da der zuständige Richter bspw. durch einen Telefonanruf – also einer formlosen Anhörung – eine Tatsache ermitteln kann. Nach § 30 Abs. 1 FamFG liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob und inwieweit es sich zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts einer förmlichen Beweisaufnahme nach den Vorschriften der ZPO bedienen will. Allerdings ist in bestimmten Fällen eine förmliche Beweisaufnahme obligatorisch, § 30 Abs. 2 FamFG, z.B.

in einzelnen Rechtsfürsorgeverfahren oder
bei Eingriffen in die Grundrechte des Betroffenen oder
wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung einer Tatsache, die im Freibeweisverfahren streitig geblieben ist, stützen will und die Richtigkeit der Tatsache von einem Beteiligten ausdrücklich weiter bestritten wird, § 30 Abs. 3 FamFG.

Eine subjektive Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast ist nicht gegeben. Hingegen existiert eine objektive Beweislast (Feststellungslast) in dem Fall, wenn eine Tatsache nicht mehr aufklärbar ist: jeder Beteiligte trägt die Beweislast für die Voraussetzungen einer ihm günstigen Norm.

Wesentliche Unterschiede zwischen Frei- und Strengbeweis sind folgende:

 

Rz. 50

Beim Strengbeweis gelten folgende gesetzlichen Grundlagen:[78]

Zeugenaussagen können durch Zwangsmittel erzwungen werden, §§ 380, 390 ZPO;
Beweisunmittelbarkeit (die Beweisaufnahme hat vor dem Nachlassgericht zu erfolgen);
das Nachlassgericht darf nur in der in den §§ 355 ff. ZPO geregelten Form Beweismittel in das Verfahren einführen;
es sind nur die in §§ 371 ff. ZPO abschließend aufgeführten Beweismittel zulässig.
 

Rz. 51

Der Freibeweis nach § 284 S. 2 ZPO erlaubt dem Nachlassgericht, in Abweichung der Formpflichten der ZPO, Beweise unmittelbar zu erheben, wie zum Beispiel:

Beiziehen von Akten;
Befragung von Beteiligten oder Zeugen;
Einholung telefonischer Auskünfte bei den Beteiligten.
[77] BayObLG NJW-RR 1996, 583.
[78] Zöller/Greger, ZPO, Vor § 284 Rn 7.

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