1. Funktion des Erbscheins
Rz. 1
In der Rechtspraxis erlangt der Erbe meist nur durch die Vorlage eines Erbscheins tatsächlich die benötigte Verfügungsmacht über Nachlassgegenstände, um mit diesen auch wirklich uneingeschränkt verfügen zu können. Natürlich wird unter Umständen auch die Vorlage einer in einer öffentlichen Urkunde festgehaltenen Verfügung von Todes wegen oder ein Protokoll über die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen akzeptiert. Jedoch führt dies in der Praxis meist dann nur zum Erfolg, wenn z.B. gegenüber der Bank des Verstorbenen nachgewiesen werden kann, dass der Vortragende aufgrund des vorgelegten Testaments eindeutig Erbe geworden ist und bspw. durch Vorlage von Urkunden nachweisen kann, dass der Erblasser keine weiteren Erbberechtigten mehr hatte. Grundsätzlich ist aber ein Erbe nach deutschem Recht nicht verpflichtet, sein Erbrecht allein durch einen Erbschein zu dokumentieren. Der Erbnachweis soll auch in anderer Form zulässig sein, wie dies bspw. in § 35 Abs. 1 S. 2 GBO geregelt ist. Insbesondere Banken können dabei gerade nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen festlegen, dass der Erbe nur durch einen Erbschein sein Erbrecht nachweisen kann. Im Zweifel läuft in der Praxis aber meist alles auf einen Erbscheinsantrag hinaus, sodass die frühzeitige Stellung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins – verbunden mit der Beschaffung sämtlicher notwendigen Urkunden nach § 352 Abs. 3 FamFG – stets zu empfehlen ist. Insbesondere Banken, Versicherungen und Grundbuchämter fordern in aller Regel den Erbschein als Nachweis der Rechtsnachfolge, wobei die Grundbuchordnung in § 35 Abs. 1 GBO ausdrücklich vorsieht, dass das Grundbuch sich mit der Vorlage einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde festgehalten ist, zufrieden geben darf, sofern diese neben der Niederschrift ihrer Eröffnung vorgelegt wird.
2. Begriff des Erbscheins
Rz. 2
Der Erbschein stellt ein amtliches Zeugnis über die Erbfolge dar und ist als solcher auch öffentliche Urkunde i.S.v. §§ 415 ff. ZPO, § 271 StGB. Das Nachlassgericht erteilt nach § 2353 BGB den Erbschein und bekundet damit, wer Erbe geworden ist, wobei dies sowohl ein einzelner als auch eine Mehrheit von Erben sein kann. Durch den Erbschein wird der Anteil am Nachlass (Quote), ebenso auch das Bestehen von Beschränkungen des Erben dokumentiert (Testamentsvollstreckung nach § 352b Abs. 2 FamFG, Nacherbfolge nach § 352b Abs. 1 FamFG). Der Erbschein bezeugt als amtliche Bescheinigung folgende Punkte:
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Person des Erblassers (Name, Todestag und letzter Wohnsitz) |
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Person des Erben |
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Umfang des Erbrechts zur Zeit des Erbfalls (Erbquote; Ausnahme quotenloser Erbschein, § 352a Abs. 2 S. 2 FamFG) |
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Nacherbschaft |
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Testamentsvollstreckung. |
Über den Umfang des Nachlasses, speziell zu der Frage, welche Gegenstände zur Erbmasse gehören, trifft der Erbschein keine Aussage.
3. Arten des Erbscheins
Rz. 3
(1) Erbschein für den Alleinerben (§ 2353 Hs. 1 BGB) weist dessen alleiniges Erbrecht aus.
(2) Der gemeinschaftliche Erbschein (§ 352a FamFG) weist das Erbrecht aller vorhandenen Miterben aus, also auch ihrer Erbteile. Die Erteilung kann von jedem Miterben an sich selbst beantragt werden.
(3) Der Teilerbschein (§ 2353 Hs. 2 BGB) weist das Erbrecht eines von mehreren Miterben aus.
(4) Der Gruppenerbschein als äußere Zusammenfassung mehrerer Teilerbscheine, der auf Antrag aller in dieser Urkunde aufgeführten Miterben erteilt wird, hat jedoch seine Bedeutung in der Rechtspraxis durch das Instrument des gemeinschaftlichen Teilerbscheins verloren.
(5) Ebenso wie der Gruppenerbschein ist auch der gemeinschaftliche Teilerbschein eine Zusammenfassung mehrerer Teilerbscheine, jedoch genügt für diesen der Antrag eines einzigen Miterben.
(6) Sammelerbschein. Diese Art von Erbschein stellt eine Zusammenfassung des Erbrechts nach mehreren Erbgängen dar. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass für alle Erbgänge dasselbe Nachlassgericht zuständig ist.
(7) Unter einem beschränkten Erbschein wird ein Erbschein verstanden, der mit Beschränkung auf bestimmte Nachlassgegenstände erteilt wird, § 352c FamFG. Er bezeugt also das Erbrecht in Bezug auf bestimmte im Inland gelegene Nachlassgegenstände. Auch das sog. Hoferbfolgezeugnis nach § 18 Abs. 2 HöfeO ist ein beschränkter Erbschein, da durch das Hoferbfolgezeugnis ausgewiesen wird, wer Hoferbe i.S.d. Höfeordnung geworden ist. Das Hoferbfolgezeugnis findet aber lediglich Anwendung in den Bundesländern, in denen die Höfeordnung Anwendung findet (Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-...