1. Sachliche Zuständigkeit
Rz. 8
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 342 Abs. 1 Nr. 6 FamFG, wonach die Erteilung eines Erbscheins Nachlasssache ist. Damit sind erstinstanzlich die Amtsgerichte als Nachlassgerichte sachlich zuständig. § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG regelt die sachliche Zuständigkeit gegeben, und zwar durch die Einbeziehung des FamFG.
Rz. 9
Eine Spezialität war früher für die staatlichen Notariate in Baden zu beachten. Diese waren gemäß §§ 36, 38 BaWüLFGG, Art. 147 EGBGB auch als Nachlassgerichte zuständig. Seit 1.1.2018 gilt aber auch hier § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG, wonach die nachlassgerichtliche Tätigkeit den Amtsgerichten zugewiesen ist.
2. Örtliche Zuständigkeit
Rz. 10
Die örtliche Zuständigkeit regelt § 343 FamFG. Maßgeblich ist zunächst der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers nach § 343 Abs. 1 FamFG. Hatte der Erblasser keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, § 343 Abs. 2 FamFG. Bei einem Deutschen ohne Aufenthalt im Inland zum Zeitpunkt des Todes oder vorher ist das AG Berlin-Schöneberg zuständig, § 343 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 FamFG. Gleiches gilt, wenn der Erblasser Ausländer war und sich im Inland Nachlassgegenstände befinden, § 343 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 FamFG. Das Amtsgericht Schöneberg in Berlin kann die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen, § 343 Abs. 3 S. 2 FamFG. Die Verweisung durch das Amtsgericht Schöneberg an ein anderes Gericht kann nur dann erfolgen, wenn eine einzelfallbezogene Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgt ist.
3. Besondere Zuständigkeit
Rz. 11
Eine Besonderheit ergibt sich für die Zuständigkeitsprüfung in sachlicher wie in örtlicher Hinsicht, sofern die Höfeordnung zur Anwendung gelangt. Nach § 18 Abs. 2 HöfeO ist ausschließlich das Landwirtschaftsgericht zuständig. Landwirtschaftsgericht ist das Amtsgericht nach § 2 LwVG. Örtlich ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Hofstelle liegt, § 10 Abs. 1 S. 2 LwVG.
4. Funktionelle Zuständigkeit
Rz. 12
Die Erteilung des Erbscheins ist Sache des Rechtspflegers nach § 3 Nr. 2 Buchst. c RPflG, sofern nicht eine Verfügung von Todes wegen vorliegt oder die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt, was dann zu einer funktionellen Zuständigkeit des Richters nach § 16 RPflG führt. Der Richter ist jedoch befugt, die Erteilung des Erbscheins nach § 16 Abs. 2 RPflG auf den Rechtspfleger zu übertragen, gleichwohl trotz des Vorliegens einer Verfügung von Todes wegen die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung gelangt. Allerdings sind nach § 19 RPflG in dem dort bestimmten Umfang die Landesregierungen ermächtigt, durch Landesverordnung den Richtervorbehalt aufzuheben. Von dieser Möglichkeit haben bislang etwa Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen Gebrauch gemacht.