Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 282
Ein Verzicht oder Teilverzicht auf Trennungsunterhaltsansprüche ist nur in Grenzen möglich. § 1614 BGB ist beim Trennungsunterhalt über §§ 1361 Abs. 4 S. 4, Abs. 3, 1360a Abs. 3 BGB anwendbar, so dass im Rahmen von Unterhaltsvergleichen darauf zu achten ist, dass es nicht zum unzulässigen (Teil-)Verzicht kommt.
Beachten!
Das Verbot, auf Unterhaltsansprüche für die Zukunft zu verzichten, betrifft neben dem Trennungsunterhalt auch den Familienunterhalt und Unterhaltsansprüche von Kindern.
Die Vorschrift des § 1614 Abs. 1 BGB schützt in diesen Bereichen den Unterhaltsgläubiger vor Manipulationen durch den Unterhaltsschuldner. Zudem sollen Vereinbarungen zu Lasten Dritter, insbesondere der öffentlichen Hand, verhindert werden. Die Regelung gilt nicht für vertragliche Ansprüche sowie den nachehelichen Unterhalt. Dort gelten die Schranken der §§ 134, 138 BGB.
Rz. 283
Die Höhe der möglichen Unterschreitung ist nicht unumstritten: Während eine Unterschreitung des Trennungsunterhalts von 20 % z.B. vom OLG Düsseldorf noch für zulässig gehalten wird, hält das OLG Hamm eine Unterschreitung von ⅓ für nicht mehr zulässig. Es wird namentlich in einem Bereich, der zwischen diesen unterschiedlich hohen Unterschreitungen liegt, auf die Umstände des Einzelfalls ankommen, um beurteilen zu können, ob im konkreten Fall ein unzulässiger Unterhaltsverzicht vorliegt. Im Falle einer Unterschreitung von weniger als 20 % erscheint es aber verfehlt, im Einzelfall prüfen zu wollen, ob die Vereinbarung nicht doch rechtsunwirksam sein könnte. Der Bereich bis zu 20 % unterfällt der Möglichkeit freier Vereinbarung nach Gesamtumständen, die der Bewertung der Vertragschließenden obliegt.
Verkürzungen um mehr als ⅓ sind allerdings nicht hinnehmbar.
Maßgebend dabei ist dabei die objektive Verkürzung des Unterhalts. Es kommt daher nicht darauf an, ob den Eheleuten die Unterhaltsverkürzung bewusst war.
Rz. 284
Auch ein Teilverzicht auf den Unterhaltsanspruch für die Zukunft ist nicht möglich. So ist die Erschwernis der Möglichkeit, bei veränderten Verhältnissen eine Erhöhung zu verlangen, ebenfalls ein ggf. unzulässiger Verzicht. Das Gleiche gilt für eine Vereinbarung, nur für einen bestimmten zukünftigen Zeitabschnitt keinen Unterhalt zu verlangen.
Rz. 285
Zulässig sind folgende Ausgestaltungen:
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Unterschreitung von weniger als 20 % des gesetzlichen Unterhalts; zwischen einer Unterschreitung von 20 % und ⅓ des gesetzlichen Unterhalts ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Unterschreitung ausnahmsweise noch akzeptabel ist; die Unterschreitung von ⅓ und mehr überschreitet die absolute Toleranzgrenze; |
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Konkretisierung des Zeitpunkts für den Beginn der Erwerbsobliegenheit des Berechtigten unter Beachtung der Zeitschranke des Alters von drei Jahren eines zu betreuenden Kindes im Fall des § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB; |
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geringfügige Abweichung von der Fälligkeitsregelung des § 1361 Abs. 4 S. 2 BGB; |
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Vereinbarung von Trennungsunterhalt als Mindestunterhalt mit der Maßgabe, dass Ansprüche auf einen sich nach dem Gesetz eventuell ergebenden höheren Unterhalt unberührt bleiben sollen; |
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Verzicht auf Unterhalt für die Vergangenheit, soweit der Unterhaltsanspruch nicht auf einen Dritten, beispielsweise einen Sozialleistungsträger, übergegangen ist; |
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Verzicht auf "quasi-nachehelichen Unterhalt" gem. §§ 1933, 1586b BGB; ein solcher Verzicht kann sich anbieten, wenn die Ehegatten im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung einen Erb- und Pflichtteilsverzicht erklären, um während der Trennung volle erbrechtliche Verfügungsfreiheit zu verlangen. |
Unzulässig sind folgende Vereinbarungen:
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Verzicht auf Trennungsunterhalt auch bei fehlender Bedürftigkeit des verzichtenden Ehegatten zum Zeitpunkt des Verzichts; |
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Verzicht auf Trennungsunterhalt wegen eigener Einkünfte des Berechtigten ohne Rücksicht auf höhere Einkünfte des anderen Ehegatten; |
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Verzicht auf Trennungsunterhalt, weil der Berechtigte durch den anderen Ehegatten im Innenverhältnis von der Erfüllung einer Verbindlichkeit freigestellt wird; |
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Abfindung des Unterhaltsanspruches für die Zukunft; § 1614 Abs. 1 BGB gilt auch für den Fall eines entgeltlichen Verzichts. Wird in einer Gesamtregelung eine einmalige Abfindungssumme für Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt gezahlt, bleibt derjenige Teil der Vereinbarung unwirksam, der den Trennungsunterhalt betrifft. Auch dann, wenn der Abfindungsbetrag bereits gezahlt wurde, kann der Unterhaltsberechtigte noch Trennungsunterhaltsansprüche geltend machen. Um den Unterhaltsschuldner zu schützen, muss in einem solchen Fall eine bedingte Zahlung des Abfindungsbetrages vereinbart und davon abhängig gemacht werden, dass Trennungsunterhaltsansprüche nicht geltend gemacht werden. Bereits gezahlte Abfindungsbeträge wären dann zurückzuzahlen, wenn Trennungsunterhaltsansprüche geltend gemacht werden. Hinweis: Ein Rückzahlungsanspruch für den Fall einer bereits gezahlten Gesamtabfindung ist vertraglich festzuhalten und... |