Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Gewöhnlicher Aufenthalt des Schuldners
Rz. 286
Wenn kein Scheidungsverfahren und auch kein Verfahren über den Unterhalt eines gemeinsamen minderjährigen Kindes anhängig sind, ist nur das Familiengericht am inländischen gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners zuständig.
Bei Auslandsaufenthalt eines Beteiligten ist Folgendes zu bedenken: Seit dem 18.6.2011 gilt die Europäische Unterhaltsverordnung (VO (EG) Nr. 4/2009) in allen zur EU gehörenden Staaten; sie tritt gemäß Art. 68 Abs. 1 an die Stelle der EuGVVO für alle Verfahren, die ab dem 18.6.2011 eingeleitet werden. Die EuUnthVO gilt gemäß Art. 1 universell, also unabhängig davon, ob alle Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem zur EU gehörenden Land haben. Gemäß Art. 3 besteht eine Zuständigkeit am Aufenthaltsort des Schuldners oder des Gläubigers, gemäß Art. 6 hilfsweise bei dem Gericht, das in dem Land zuständig ist, dessen Staatsangehörigkeit beide Beteiligten haben.
In Deutschland gilt seither außerdem das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (AUG). Gemäß § 28 AUG kann eine Sonderzuständigkeit bei dem Familiengericht am Sitz des jeweiligen OLG bestehen. In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz die zentrale Anlaufstelle, die bei der Vollstreckung bestehender Unterhaltstitel im EU-Ausland und ggf. auch bei der Schuldnerermittlung kostenfrei Hilfe leistet.
b) Anhängigkeit – nicht Rechtshängigkeit – eines Scheidungsverfahrens
Rz. 287
Mit Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens, also mit Einreichen eines Scheidungsantrags, wird gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG für alle Verfahren betreffend Ehegattenunterhalt das Familiengericht ausschließlich zuständig, bei dem das Scheidungsverfahren anhängig ist oder (bei laufendem Rechtsmittelverfahren) in erster Instanz anhängig war. Wird ein Scheidungsantrag nur eingereicht, sodann ein Unterhaltsantrag gestellt und der Scheidungsantrag danach wieder zurückgenommen, bleibt das für das Scheidungsverfahren zuständig gewesene Familiengericht gemäß §§ 232 Abs. 3 FamFG, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für das Unterhaltsverfahren zuständig.
Rz. 288
Beachten!
Auch schon vor Ablauf des Trennungsjahres kann der Scheidungsantrag eingereicht werden. Wird der Gerichtskostenvorschuss nicht eingezahlt und der Antrag deshalb nicht zugestellt, so vermeidet man seine Abweisung und erreicht für das Unterhaltsverfahren die Zuständigkeit des für das Scheidungsverfahren zuständigen Gerichts.
c) Rechtshängigkeit – nicht Anhängigkeit – eines Scheidungsverfahrens nach vorherigem Unterhaltsantrag
Rz. 289
Ist zunächst ein Unterhaltsantrag gestellt und erst im Anschluss hieran von einem Ehegatten der Scheidungsantrag eingereicht worden, so bleibt trotz Anhängigkeit der Ehesache das für den Unterhaltsantrag angerufene Gericht zuständig, bis der Scheidungsantrag zugestellt ist (§ 261 Abs. 3 ZPO). Mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags muss das Familiengericht, bei dem das Unterhaltsverfahren läuft, die Sache gemäß § 233 FamFG an das für das Scheidungsverfahren zuständige Familiengericht von Amts wegen abgeben.
d) Anhängigkeit eines Kindesunterhaltsverfahrens
Rz. 290
Ist ein Verfahren über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes – Unterhalts-Hauptsacheantrag oder vereinfachtes Verfahren – anhängig, so kann gemäß § 232 Abs. 3 Nr. 1 FamFG der Antrag wegen des Ehegattenunterhalts bei dem gleichen Gericht gestellt werden.
Beachten!
Da für den Kindesunterhalt gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG das Gericht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des betreuenden Elternteils zuständig ist, kann man erreichen, dass auch für den Ehegattenunterhalt das Gericht am gewöhnlichen Aufenthalt des betreuenden Elternteils zuständig wird. Das ist möglich, indem man entweder einen isolierten Kindesunterhaltsantrag einreicht (ohne dass der Antrag zugestellt werden müsste, da die Anhängigkeit reicht), einen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß §§ 249 ff. FamFG stellt oder zusammen mit dem Ehegattenunterhalt auch einen Antrag auf Zahlung von Kindesunterhalt (ggf. nur einen geringen Differenzbetrag) stellt.
e) Einstweilige Anordnung
Rz. 291
Es kann entweder im Zusammenhang mit einem Unterhalts-Hauptsacheverfahren eine einstweilige Anordnung beantragt werden oder auch ohne Hauptsacheverfahren eine isolierte einstweilige Anordnung gemäß §§ 119, 49 ff., 246 FamFG. In beiden Fällen geht es gemäß § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG um ein selbstständiges Verfahren, so dass also stets das volle Rubrum im Antrag aufgeführt werden muss. Gemäß § 114 Abs. 3 Nr. 1 FamFG gilt kein Anwaltszwang, während im Unterhalts-Hauptsacheverfahren Anwaltszwang besteht, § 114 Abs. 1 FamFG. Wird eine isolierte einstweilige Anordnung erlassen, muss das Gericht gemäß § 52 Abs. 1 FamFG nur auf Antrag eines Beteiligten ein Hauptsacheverfahren einleiten.
Die einstweilige Anordnung ist gemäß § 246 Abs. 1 FamFG weder zeitlich noch der Höhe nach beschränkt.
Ist bereits oder noch ein Scheidungsverfahren anhängig oder hierfür VKH beantragt, sollte die einstweilige Anordnung gemäß §§ 1...