a) Gesetz

 

Rz. 348

Eine gesetzliche Regelung zur Unterhaltshöhe gibt es nicht. § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt nur, die ehelichen Lebensverhältnisse[547] seien maßgeblich. Diese Regel gilt aber – wobei insbesondere die durch die Ehe entstandenen wirtschaftlichen Abhängigkeiten maßgeblich sind – gemäß § 1578b Abs. 1 BGB ggf. nur zeitlich begrenzt.

[547] Zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ohne Berücksichtigung von ungewöhnlichen, unvorhergesehenen Entwicklungen seit der Trennung, BGH FamRZ 2012, 281. Normale Weiterentwicklungen auch nach Scheidung bestimmen die ehelichen Lebensverhältnisse mit, "wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren", BGH FamRZ 2011, 437 und BGH FamRZ 2012, 281.

b) Rechtsprechung

 

Rz. 349

Bei der Ermittlung der Höhe des nachehelichen Unterhalts müssen in erster Linie die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der verschiedenen OLG[548] herangezogen werden. Diese sind zwar keine Rechtsnormen, sondern geben nur die Praxis des jeweiligen OLG wieder mit dem Ziel, die Rechtsprechung im OLG-Bezirk kalkulierbarer zu machen; es ist jedoch dringend zu empfehlen, sich hieran zu orientieren, da dies erfahrungsgemäß auch die erstinstanzlich tätigen Familienrichter tun. Deswegen wird in den Fußnoten bei den wesentlichen Fragen jeweils auf die Leitlinien verwiesen.

Im Regelfall ist Unterhalt in Höhe von sog. Bagatellbeträgen nicht zu zahlen. So kann nachehelicher Unterhalt nach überwiegender Rechtsprechung nur zugebilligt werden, wenn es um einen Betrag von monatlich mindestens 50 EUR geht.[549] Nach der zwischenzeitlichen Entwicklung der Einkünfte sollte der Mindestbetrag aber dreistellig sein, 100 EUR also nicht unterschreiten.

 

Rz. 350

Für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse ist der durch die tatsächlichen Gegebenheiten bestimmte Lebensstandard maßgeblich.[550] Eine Korrektur erfolgt lediglich, wenn sich die Ehepartner in ihrer Lebensführung unangemessen beschränkt (Geizhalsehe) oder wenn sie übermäßig aufwendig gelebt haben (Luxusehe).[551]

Zum Bedarf existiert zwar ein Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums,[552] jedoch keine Sättigungsgrenze/Obergrenze.[553] Das tatsächliche Konsumverhalten der Eheleute bestimmt die Höhe des Bedarfs.

Bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist Unterhalt jedoch nicht mehr zu quotieren, sondern konkret nach dem festzustellenden Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berechnen.[554]

[548] Sämtliche aktuellen Leitlinien unter www.famrz.de, Menüleiste "Leitlinien/Dokumente".
[549] OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 947; OLG München FamRZ 1997, 425; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 210. Weitergehend OLG München FamRZ 2004, 1208: Aufstockungsunterhalt nur, wenn er mindestens 10 % des bereinigten Eigeneinkommens des Gläubigers ausmacht.
[551] BGH FamRZ 1982, 151; BGH FamRZ 1990, 283, 285; OLG Hamm FamRZ 1993, 1089; OLG Bamberg FamRZ 1994, 1187.
[552] BGH FamRZ 1994, 1169; BGH FuR 2010, 286.
[553] BGH FamRZ 1983, 150; BGH FamRZ 1994, 1169.
[554] Dazu ausführlich FamRMandat Unterhaltsrecht/Horndasch, § 3 Rn 1442 ff.

c) Tatsächliches Einkommen des Gläubigers aus Arbeit, Versorgung oder Vermögen

 

Rz. 351

Arbeitseinkommen des Gläubigers, das die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, wird im Regelfall von dem um den Kindesunterhalt (nach Kindergeldabzug)[555] gekürzten Arbeitseinkommen des Schuldners abgezogen; der Gläubiger erhält eine Quote von 3/7 des Differenzbetrags (Differenzmethode).[556] Die Quote erhöht sich auf ½, soweit der Schuldner arbeitsunabhängiges Einkommen hat (z.B. aus Vermögen, Miete, Rente,[557] Pension, Arbeitslosengeld, Krankengeld usw.).

Hat der Gläubiger Einkommen ohne aktuelle Arbeitstätigkeit (Vermögen, Miete, Rente, Pension, Arbeitslosengeld, Krankengeld usw.), das die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, so wird der Unterhalt zunächst nur aus dem Einkommen des Schuldners (nach Vorwegabzug des Kindesunterhalt-Zahlbetrags) ermittelt; von dem so errechneten vorläufigen Unterhalt wird die Hälfte des Einkommens des Gläubigers abgezogen.[558]

[555] Nicht der volle Kindesunterhalt vor Kindergeldabzug. BGH FamRZ 2009, 1300 (46 ff.) und BGH FamRZ 2009, 1391 (41).
[556] Die SüdL sehen in Nr. 15.2 eine Unterhaltsquote von 50 % vor, wobei das Arbeitseinkommen des allein verdienenden Schuldners um einen Erwerbstätigenbonus von 10 % gekürzt wird, also bei Arbeitseinkommen letztlich eine Quote von 45 %. Bei beiderseitigem Einkommen soll die Quote 50 % der Differenz ausmachen; Arbeitseinkommen wird dabei jeweils um 10 % gekürzt, so dass sich also hier eine Quote von 45 % der vollen Differenz ergibt.
[557] Zur Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch Renteneinkünfte vgl. OLG Hamm v. 4.10.2018 – 11 UF 228/17, FamRZ 2019, 593.
[558] Kein Abzug eines Erwerbstätigen-Bonus, da das Einkommen nicht aus einer aktuellen Erwerbstätigkeit stammt.

d) Elterngeld

 

Rz. 352

Ein Elternteil, der ein ab dem 1.1.2007 geborenes Kind hat, erhält nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG...

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