Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Typischer Sachverhalt
Rz. 484
F und M sind getrenntlebende Eheleute, das Scheidungsverfahren ist rechtshängig. F verfügt über kein Einkommen. M verdient aus einer Ganztagstätigkeit monatlich netto 2.800 EUR.
b) Rechtliche Grundlagen
Rz. 485
Schon ab dem Monatsende vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) wird der Gläubiger nicht mehr über den Versorgungsausgleich an den vom anderen Ehegatten laufend erworbenen weiteren Anwartschaften auf Altersversorgung beteiligt. Deswegen steht dem Gläubiger gemäß § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB für die Trennungszeit und gemäß § 1578 Abs. 3 BGB für die Zeit nach Ehescheidung Altersvorsorgeunterhalt zu. Dieser ist ein gesonderter Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs; der hierauf gezahlte Betrag ist vom Gläubiger zweckentsprechend zu verwenden, also für den Aufbau oder Ausbau einer eigenständigen Altersversorgung. Entsprechendes gilt für die Pflegevorsorge im Rahmen der Pflegeversicherung.
aa) Bestehen eines Elementarunterhaltsanspruchs
Rz. 486
Gibt es keinen Anspruch auf Elementarunterhalt, kann auch kein Vorsorgeunterhalt verlangt werden. Das Gleiche gilt, wenn nur nachehelicher Ausbildungsunterhalt gemäß § 1575 BGB geschuldet wird; denn § 1575 BGB ist in § 1578 Abs. 3 BGB nicht erwähnt.
bb) Nur auf bezifferten Antrag
Rz. 487
Vorsorgeunterhalt wird neben Elementarunterhalt nicht automatisch zugebilligt, sondern nur auf Antrag. Dieser Antrag muss beziffert geltend gemacht werden. Im Unterhaltsbeschluss und in jeder Unterhaltsvereinbarung ist der Vorsorgeunterhalt gesondert auszuweisen; das Gericht ist bei seiner Entscheidung nicht an die vom Gläubiger vorgenommene Aufteilung in Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt gebunden.
cc) Elementarunterhalt hat Vorrang
Rz. 488
Der Elementarunterhalt geht dem Alters- und Pflegevorsorgeunterhalt vor. Würde als Folge eines zu zahlenden Vorsorgeunterhalts der Elementarunterhalt unter den notwendigen Eigenbedarf (zurzeit 960 EUR) sinken, so ist zunächst der Elementarunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts zu sichern und nur ein etwa verbleibender Betrag kann als Vorsorgeunterhalt zugebilligt werden.
dd) Nur zur "angemessenen Versicherung"
Rz. 489
Vorsorgeunterhalt kann nur zur "angemessenen Versicherung" geltend gemacht werden. Hat der Gläubiger – unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs – eine etwa gleich hohe Altersversorgung zu erwarten wie der Schuldner, so ist kein Altersvorsorgeunterhalt geschuldet (Rechtsgedanke des § 27 VersAusglG).
ee) Zweckentsprechende Verwendung geschuldet
Rz. 490
Der Altersvorsorgeunterhalt muss zweckentsprechend verwendet werden: Der Gläubiger kann Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung leisten oder in anderer Weise Altersvorsorge betreiben, z.B. durch Zahlung auf einen Kapitallebens- oder einen privaten Rentenversicherungsvertrag. Wie im Zusammenhang mit den 4 % des Bruttoeinkommens, die für zusätzliche Altersvorsorge eingesetzt werden dürfen, wird man hier ebenfalls jede Form der Altersvorsorge akzeptieren müssen, auch einen Sparvertrag. Auf Verlangen des Schuldners ist die Verwendung für Altersvorsorge nachzuweisen. Nur wenn die bestimmungswidrige Verwendung feststeht, kann der Schuldner verlangen, den Vorsorgeunterhalt unmittelbar an den Versorgungsträger zahlen zu können, bei dem der Gläubiger einen Vertrag abgeschlossen hat. Wird der Altersvorsorgeunterhalt für die Lebenshaltung verbraucht, so muss sich der Gläubiger im Alter den Anspruch, den er bei bestimmungsgemäßer Verwendung erworben hätte, als fiktives Einkommen entgegenhalten lassen.
ff) Berechnungsmethode
Rz. 491
Vorsorgeunterhalt und Elementarunterhalt werden bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen der Beteiligten auf der Basis der Bremer Tabelle in folgenden Schritten berechnet:
(1) Zunächst wird der vorläufige Elementarunterhalt in der üblichen Weise ermittelt, und zwar ohne Berücksichtigung des Vorsorgeunterhalts; dieser vorläufige Elementarunterhalt wird in der Bremer Tabelle "Nettobemessungsgrundlage" genannt.
(2) Dem vorläufigen Elementarunterhalt wird der in der Bremer Tabelle ausgewiesene Prozentsatz hinzugerechnet und damit ein fiktives Bruttoarbeitseinkommen ermittelt; dieses wird in der Bremer Tabelle "Bruttobemessungsgrundlage" genannt.
(3) Aus diesem fiktiven Bruttoeinkommen werden der Altersvorsorgeunterhalt mit dem jeweiligen Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung (zurzeit 18,6 %) und der Pflegevorsorgeunterhalt mit dem jeweiligen Satz zur Pflegeversicherung (zurzeit 3,05 %, bzw. 3,30 % bei über 23 Jahre alten kinderlosen Personen) ermittelt.
(4) Die Vorsorgeunterhaltsbeträge werden sodann vorweg von dem unterhaltsrelevanten Einkommen des Schuldners abgezogen.
(5) Aus dem dann noch verbleibenden Resteinkommen des Schuldners wird schließlich der endgültige Elementarunterhalt mit den üblichen Prozentsätzen errechnet. Der Gläubiger trägt a...