Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 223
Die Rechtsgrundlagen für den Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes sind im Wesentlichen identisch mit dem Minderjährigenunterhalt (siehe Rdn 159 ff.).
a) Unterschiede Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt
Rz. 224
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Die Aufteilung in Barunterhalt und Naturalunterhalt entfällt, da § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nur im Hinblick auf ein minderjähriges Kind gilt. Damit sind gegenüber dem volljährigen Kind also beide Elternteile anteilig zum Barunterhalt verpflichtet. |
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Für das volljährige Kind kann nicht der dynamisierte Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB geltend gemacht werden. |
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Gegenüber dem volljährigen Kind besteht in der Regel nicht mehr die gesteigerte Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB. Daher kann sich jeder Schuldner ihm gegenüber auf den großen Selbstbehalt oder angemessenen Eigenbedarf (zurzeit beim Erwerbstätigen monatlich 1.400 EUR) berufen und nicht mehr nur auf den kleinen Selbstbehalt oder notwendigen Eigenbedarf (zurzeit beim Erwerbstätigen 1.160 EUR). Beachten! § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB: Solange sich ein noch nicht 21 Jahre altes Kind in der allgemeinen Schulausbildung – nicht in einer Berufsausbildung – befindet und bei den Eltern oder bei einem Elternteil lebt, steht es einem minderjährigen Kind gleich. Das gilt jedoch nur, soweit es um die gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern geht: Diese können sich ihm gegenüber – soweit erwerbstätig – nur auf den kleinen Selbstbehalt von zurzeit 1.160 EUR oder – soweit nicht erwerbstätig – 960 EUR berufen und nicht auf den großen Selbstbehalt; die Ausnahmeregelungen in § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB müssen beachtet werden. Es bleibt hingegen dabei, dass gegenüber jedem volljährigen, auch gegenüber dem noch nicht 21 Jahre alten Kind beide Eltern barunterhaltspflichtig sind, also auch der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind noch lebt. Während der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes allen sonstigen Unterhaltsansprüchen gemäß § 1609 Nr. 1 BGB im Rang vorgeht, geht das volljährige Kind minderjährigen Kindern, jedem Ehegatten (geschieden oder nicht) und jedem nichtehelichen Elternteil gemäß § 1609 Nr. 4 BGB im Rang nach und nur noch den weiteren Abkömmlingen (Enkel, Urenkel) und den Verwandten aufsteigender Linie vor. Ausnahme § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB: Ein zwischen 18 und 20 Jahre altes Kind, das sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, steht einem minderjährigen Kind im Rang gleich, solange es bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt. |
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Der Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes kann nicht im Scheidungsverbund geltend gemacht werden. |
Beachten! Trotz dieser Unterschiede ist die Rechtsnatur von Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt identisch. Ein Unterhaltstitel aus der Zeit, als das Kind noch minderjährig war, gilt nach Volljährigkeit also ohne weiteres fort (§ 244 FamFG); ein neuer Leistungsantrag wäre unzulässig. Bei Erhöhung des Unterhaltsbedarfs kann nur ein Abänderungsantrag gestellt werden. Dies gilt auch im Fall einer im Titel zu Unrecht enthaltenen Befristung. Braucht der nicht betreuende Elternteil (= Titelschuldner) nur noch geringeren Unterhalt zu leisten (weil z.B. jetzt der bisher betreuende Elternteil anteilig barunterhaltspflichtig geworden ist), so hat das volljährige Kind nur einen Teilverzicht auf die Rechte aus dem Titel zu erklären. Der Schuldner muss einen Abänderungsantrag gemäß §§ 238 Abs. 3 S. 3 und 4, 241 FamFG stellen, wenn man sich außergerichtlich über eine Unterhaltsreduzierung nicht verständigen kann; in einem solchen Fall hat das volljährige Kind den Fortbestand des Anspruchs darzulegen sowie zu beweisen und muss dafür auch das unterhaltsrelevante Einkommen des anderen Elternteils darlegen und belegen, damit die Haftungsanteile beider Eltern ermittelt werden können.
b) Unterhaltshöhe
aa) Bedarf des Kindes
Rz. 225
Die DT weist auch für volljährige Kinder einen Unterhaltsbetrag aus (Unterhalt der dritten Altersgruppe zuzüglich Differenz zwischen der zweiten und der dritten Altersgruppe). Lebt das volljährige Kind bei keinem Elternteil mehr, so wird ihm nach der DT, Stand 1.1.2021, im Regelfall ein monatlicher Bedarf in Höhe von 860 EUR zugebilligt.
Rz. 226
Unterhaltsrelevant sein können Alter, Schuljahr, voraussichtliche Been...