Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Gesetzeslage
Rz. 709
Aufgrund des ebenfalls zum 1.9.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Zugewinnausgleichs ist gem. Art. 2 des Gesetzes die Hausratsverordnung mit den Regelungen zum Haushalt und zur Ehewohnung vom 21.10.1944 in den nachfolgenden veränderten Gesetzesfassungen aufgehoben und durch zwei neue Normen ersetzt worden, die in das BGB eingefügt worden sind. Hier finden sich jetzt in § 1568a BGB Regelungen zur Ehewohnung und in § 1568b BGB Regelungen hinsichtlich der Haushaltsgegenstände.
b) Vorläufige Regelung in der Ehewohnungssache
Rz. 710
Während in der Vorschrift des § 1568a BGB die endgültige Regelung hinsichtlich der Rechtsverhältnisse der Wohnung angesprochen wird, ergibt sich ein materiellrechtlicher Anspruch auf vorläufige Zuweisung der Wohnung für die Dauer des Getrenntlebens in § 1361b BGB.
aa) Begriff der Wohnung
Rz. 711
Unter Wohnung sind die von den Ehegatten gemeinsam genutzten Räumlichkeiten zu verstehen und nicht die beruflich genutzte Wohnung durch einen Ehepartner und ebenso wenig eine nur von einem Ehepartner genutzte Wohnung am Zweitwohnsitz.
Rz. 712
Verlangt einer der in der Ehewohnung lebenden Eheleute die Zuweisung der bislang gemeinsam bewohnten Wohnung zur ausschließlichen Nutzung, so ist dies nach dem Sinn und Inhalt der Vorschrift des § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB nur möglich, wenn ein weiteres Zusammenleben für den antragstellenden Ehepartner unzumutbar ist und eine unbillige Härte bedeuten würde.
Rz. 713
Bei der Abwägung sind besonders die Kindesinteressen (§ 1361b Abs. 1 S. 2 BGB) insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn der bislang in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehepartner permanent in grober Weise gegen den Sinn des ehelichen Zusammenlebens verstößt und mit seinem Verhalten das normale Zusammenleben praktisch unmöglich macht. Hierbei sind die vom Antragsteller behaupteten Vorfälle nach Zeit und Ort, sowie die gesamten weiteren Umstände detailliert zu schildern. Als Härtefälle gelten
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unbeherrschtes und rücksichtloses Verhalten, |
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Alkoholexzess mit mangelnder Hygiene, |
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aggressives Verhalten mit Beleidigungen, Sachbeschädigung und Randalieren, |
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häufiges Stören der Nachtruhe, sodass objektiv die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft unzumutbar ist. |
Soweit Gewalttätigkeiten betroffen sind, greifen die vorläufigen Schutzregelungen über das Gewaltschutzgesetz.
bb) Zuständigkeit des Gerichts
Rz. 714
Die Zuständigkeit des Familiengerichts folgt aus § 111 Nr. 5 FamFG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 201 Nr. 2 FamFG, falls noch kein Ehescheidungsverfahren im ersten Rechtszug anhängig ist, dann ggf. Verweisung an das Gericht der Ehesache (§ 202 FamFG).
cc) Ge- und Verbote
Rz. 715
Mit der einstweiligen Anordnung können
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Räumungsgebote, |
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Betretungsverbote, |
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andere die Benutzung der ehelichen Wohnung regelnde Maßnahme, |
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Aufteilung der Räumlichkeiten zur Nutzung sowie Zuweisung derselben |
beantragt und erlassen werden. Da insgesamt keine Familienstreitsachen vorliegen, greifen für den einstweiligen Rechtschutz die § 49 ff. FamFG, da keine Spezialregelung im Gesetz vorgesehen ist.
Rz. 716
Für die Vollstreckung greifen die Vorschriften der §§ 86 ff. FamFG in Verbindung mit den Besonderheiten für die Ehewohnungssachen in § 209 FamFG (Anordnung der sofortigen Vollziehung; Anordnungen der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner).
dd) Muster: Einstweilige Anordnung auf Regelung hinsichtlich der Ehewohnung
Rz. 717
Muster 15.79: Einstweilige Anordnung auf Regelung hinsichtlich der Ehewohnung
Muster 15.79: Einstweilige Anordnung auf Regelung hinsichtlich der Ehewohnung
An das
Amtsgericht
– Familiengericht –
Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
der Frau _____
– Antragstellerin –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte: _____
gegen
Herrn _____
– Antragsgegner –
bestellen wir uns zu Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin unter Vorlage der uns legitimierenden Vollmacht. Wir beantragen,
im Wege der einstweiligen Anordnung gem. den §§ 49 ff. FamFG – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – dem Antragsgegner aufzugeben, die bisherige eheliche Wohnung, gelegen im Hause _____ 1. Stock, bestehend aus _____, zu verlassen und nicht mehr zu betreten.
Begründung:
_____
ee) Anmerkungen zum Muster
Rz. 718
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Zuständigkeit: Familiengericht (örtlich zuständiges Gericht: Bezirk der Ehewohnung, bei Anhängigkeit der Ehesache das dann zuständige Familiengericht) |
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Rubrum: beteiligte Eheleute, nicht Dritte, beteiligte Lebenspartner |
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Antrag:
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(...) dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung – der Dringlichkeit wegen ohne mündlicher Verhandlung – aufzugeben, die im Hause (...) gelegene eheliche Wohnung bestehend aus (...) Räumen zu verlassen und nicht mehr zu betreten. |
Oder:
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Im Wege der einstweiligen Anordnung die Benutzung der e... | |