Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Gewöhnlicher Aufenthalt des Schuldners
Rz. 377
Ist ein Scheidungsverfahren nicht oder nicht mehr anhängig und auch kein Verfahren über den Unterhalt eines gemeinsamen minderjährigen Kindes, ist nur das Familiengericht am inländischen gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners zuständig (§ 232 Abs. 3 FamFG, § 13 ZPO).
Bei Auslandsaufenthalt eines Beteiligten ist Folgendes zu bedenken: Ab dem 18.6.2011 gilt die Europäische Unterhaltsverordnung (VO (EG) Nr. 4/2009) in allen zur EU gehörenden Staaten; sie tritt gemäß Art. 68 Abs. 1 an die Stelle der EuGVVO für alle Verfahren, die ab dem 18.6.2011 eingeleitet werden. Die EuUnthVO gilt gemäß Art. 1 universell, also unabhängig davon, ob alle Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem zur EU gehörenden Land haben. Gemäß Art. 3 besteht eine Zuständigkeit am Aufenthaltsort des Schuldners oder des Gläubigers, gemäß Art. 6 hilfsweise bei dem Gericht, das in dem Land zuständig ist, dessen Staatsangehörigkeit beide Beteiligten haben.
In Deutschland gilt seither außerdem das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (AUG). Gemäß § 28 AUG kann eine Sonderzuständigkeit bei dem Familiengericht am Sitz des jeweiligen OLG bestehen. In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz die zentrale Anlaufstelle, die bei der Vollstreckung bestehender Unterhaltstitel im EU-Ausland und ggf. auch bei der Schuldnerermittlung kostenfrei Hilfe leistet.
b) Anhängigkeit eines Kindesunterhaltsverfahrens
Rz. 378
Ist kein Scheidungsverfahren, wohl aber ein Verfahren über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes anhängig, so kann gemäß § 232 Abs. 3 Nr. 1 FamFG der Antrag wegen des Ehegattenunterhalts bei dem gleichen Gericht gestellt werden.
Beachten!
Da für den Kindesunterhalt gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk das Kind oder der betreuende Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann man auch für den nachehelichen Unterhalt die Zuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt des betreuenden Elternteils schaffen: Es wird entweder ein isolierter Kindesunterhaltsantrag gestellt (ohne dass der Antrag zugestellt werden müsste, da die Anhängigkeit reicht) oder zusammen mit dem nachehelichen Unterhalt auch Kindesunterhalt geltend gemacht (z.B. in Form eines auch den Kindesunterhalt betreffenden Stufenantrags oder durch Zahlungsantrag wegen eines geringen Kindesunterhalt-Differenzbetrags).
c) Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens
Rz. 379
Mit Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens wird gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG für alle Verfahren betreffend Ehegattenunterhalt das Familiengericht ausschließlich zuständig, bei dem das Scheidungsverfahren anhängig ist oder (bei laufendem Rechtsmittelverfahren) in erster Instanz anhängig war. Während des Scheidungsverfahrens kann der nacheheliche Unterhalt nur im Scheidungsverbund gemäß § 137 FamFG (spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung, § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG) geltend gemacht werden.
d) Einstweilige Anordnung
Rz. 380
Beachten!
Es kann im Zusammenhang mit einem Hauptsacheverfahren eine einstweilige Anordnung oder auch ohne ein Unterhalts-Hauptsacheverfahren eine isolierte einstweilige Anordnung gemäß §§ 119, 49 ff., 246 FamFG beantragt werden. Die einstweilige Anordnung ist gemäß § 246 Abs. 1 FamFG weder zeitlich noch der Höhe nach beschränkt.
Ist bereits oder noch ein Scheidungsverfahren anhängig oder hierfür VKH beantragt, sollte die einstweilige Anordnung gemäß §§ 119, 49 ff., 246 FamFG im Scheidungsverfahren beantragt werden. Sie gilt gemäß §§ 119, 56 FamFG, bis eine andere Regelung (Entscheidung oder Vereinbarung) wirksam wird; sie wird ferner gemäß §§ 119, 56 Abs. 2 unwirksam, wenn der Hauptsacheantrag zurückgenommen, rechtskräftig abgewiesen oder übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Auf diese Weise lässt sich also – ggf. auch nur wegen eines Teilbetrags – kurzfristig ein Titel schaffen.
Hat dieser einen auch für die nacheheliche Zeit annehmbaren Inhalt, braucht für den Gläubiger zunächst nichts weiter unternommen zu werden. Ist der Unterhalt nach Ansicht des Schuldners zu hoch festgesetzt worden, kann er zunächst mit einem Abänderungsantrag gemäß §§ 119, 54 FamFG und bei Ablehnung dieses Antrags mit einem negativen Feststellungsantrag aktiv werden (siehe Rdn 526 ff.); das gilt nicht für die einstweilige Anordnung im isolierten Unterhaltsverfahren, da das Unterhalts-Hauptsacheverfahren fortgesetzt und auf diese Weise eine...