Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 389
§ 1573 BGB erfasst zwei unterschiedliche Unterhaltstatbestände:
Der Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1, 3, 4 BGB besteht dann, wenn ein Unterhaltsanspruch nach den vorrangigen §§ 1570, 1571, 1572 BGB nicht besteht und der Betroffene trotz notwendiger Bemühungen keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
Dasselbe gilt nach § 1573 Abs. 3 BGB, wenn die Voraussetzungen der §§ 1570, 1571 und 1572 BGB in der Vergangenheit vorlagen und nunmehr entfallen sind. Es handelt sich dann um einen Anspruch auf Anschlussunterhalt.
Dasselbe gilt schließlich nach § 1573 Abs. 4 BGB bei späterem Verlust eines Arbeitsplatzes, wenn eine nachhaltige Unterhaltssicherung durch eine angemessene Erwerbstätigkeit noch nicht erreicht worden war und der Arbeitsplatz verloren geht.
Demgegenüber stellt der Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB einen selbstständigen Anspruch zur Sicherung des in der Ehe erreichten Lebensstandards dar. Im Ergebnis trägt damit der Unterhaltspflichtige das Arbeitsmarkt- und Lebensstandardrisiko des anderen Ehegatten.
Noch vor Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 1.1.2008 hatte der BGH mit Urt. v. 12.4.2006 erklärt, dass die Ansprüche § 1573 Abs. 1–4 BGB zeitlich begrenzbar sind. Ehebedingte Nachteile waren weiter – unbefristet – auszugleichen.
aa) Einsatzzeitpunkt
Rz. 390
Ein Anspruch nach § 1573 Abs. 1 BGB besteht nur, wenn der Betroffene zu bestimmten Einsatzzeitpunkten keine eheangemessene Arbeit gefunden hat. Solche Einsatzzeitpunkte sind:
Der Begriff "nach der Scheidung" rückt den Einsatzzeitpunkt nicht so eng an die Scheidung wie bei §§ 1571, 1572 BGB. Nach etwa ein bis eineinhalb Jahren wird der erforderliche zeitliche Zusammenhang aber als unterbrochen angesehen werden müssen, je nach Lage des Einzelfalles.
Beim Einsatzzeitpunkt nach § 1570 BGB ist zu beachten, dass es sich bei § 1573 Abs. 1 BGB sodann um einen Anschlussunterhalt handelt und dieser nur in dem Umfang weiterbesteht, wie er im Zeitpunkt des weggefallenen Vortatbestandes bestanden hatte.
Ist der Berechtigte wegen notwendiger Kindesbetreuung nicht mehr an der Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit gehindert, findet aber wegen der Arbeitsmarktlage keine Erwerbstätigkeit, ist der Einsatzzeitpunkt zu bejahen.
Dies gilt zum Zeitpunkt der notwendigen Arbeitsaufnahme einer Teilzeitstelle ebenso wie im Rahmen des Übergangs von einer wegen Betreuung gerechtfertigten Teilzeittätigkeit zu einer Vollerwerbstätigkeit.
Ein Einsatzzeitpunkt betreffend Altersunterhalt spielt faktisch keine Rolle, da mit fortschreitendem Alter ein vormals begründeter Anspruch wegen Altersunterhalt faktisch nicht noch einmal wegfallen kann.
bb) Arbeitsbemühungen
Rz. 391
Der Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit setzt voraus, dass objektiv keine reale Beschäftigungschance für den Berechtigten existiert. Bei der zu suchenden Erwerbstätigkeit muss es sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne der Definition des § 1574 Abs. 2 BGB handeln. Sie muss daher der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer ggf. früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entsprechen. Eingeschränkt wird dies noch dadurch, dass eine solche Tätigkeit nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht unbillig sein darf.
Nach dem Maßstab des § 1574 Abs. 2 BGB ist nicht nur die Art der Erwerbstätigkeit, sondern auch zu beurteilen, ob eine volle Erwerbstätigkeit angemessen ist oder lediglich eine Teilerwerbstätigkeit in Frage kommt. Um eine solche angemessene Erwerbstätigkeit muss sich der Berechtigte bemühen. Eine schlichte Meldung bei der Agentur für Arbeit reicht ebenso wenig aus wie Bewerbungen ohne konkreten Bezug zu einer Stellenausschreibung, also "ins Blaue hinein". Der Arbeitslose, gleichgültig, ob er Leistungen nach Hartz IV bezieht oder auch keinerlei Leistungen erhält, hat eigene Bemühungen zu entfalten, um seiner Obliegenheit zur Arbeitssuche zu genügen. Eigene Bemühungen müssen sich dokumentieren lassen in eigenen Inseraten, Notierungen in Vermittlungsagenturen oder in Job-Portalen sowie in Bewerbungen auf Stellenanzeigen.
Der Umfang solcher Bewerbungen entspricht zeitlich dem Umfang der Arbeitstätigkeit, zu denen der Arbeitslose verpflichtet ist. Bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit und damit bei einer täglichen Arbeitssuche bis zu acht Stunden sind im Einzelfall bis zu 30 Bewerbungsschreiben pro Monat erforderlich. Der Umkreis der Arbeitssuche richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls.
Lediglich bei anzuerkennenden örtlichen Bindungen, z.B. bei eigener Kinderbetreuung oder bei einer bestehenden Umgangsverantwortung, reicht es aus, wenn der Berech...