Rz. 640

Unter Ehegatten einer wirksam geschlossenen Ehe bestehen wechselseitig Prozesskostenvorschussansprüche dann, wenn der den Vorschuss fordernde Ehepartner außerstande ist, die Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen. Als Prüfungsmaßstab dürften hier nicht die Ansätze der Verfahrenskostenhilfe nach § 76 ff. FamFG oder in Familienstreitsachen und Ehesachen gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG mit Verweis auf die §§ 114127 ZPO) zum Tragen kommen, sondern der Vorschussfordernde gilt als bedürftig, wenn seine eigenen Einkünfte unter Berücksichtigung der Prozesskosten für eine angemessene Lebensführung nicht ausreichen würde.

 

Rz. 641

Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Ehepartners ist sein unterhaltsrelevantes Einkommen sowie sein Vermögen zu berücksichtigen, Letzteres allerdings nur in den Grenzen des § 1581 S. 2 BGB. Eigene Prozesskostenzahlungsverpflichtungen können ebenso in die Berechnung einbezogen werden[987] wie Abzüge für aus der Ehe herrührende gemeinsame Schuldverpflichtung gemacht werden.[988]

 

Rz. 642

Die Pflicht zur Zahlung von Kostenvorschüssen erstreckt sich nur auf die Führung wie Verteidigung in Rechtsstreitigkeiten, soweit persönliche oder vermögensrechtliche Angelegenheiten des anderen Ehepartners betroffen sind, die ihre Wurzel in der ehelichen Lebensgemeinschaft haben.[989]

Hierzu gehören Unterhaltsangelegenheiten,[990] sämtliche die Ehe betreffenden Angelegenheiten, so auch bei Ehestörung,[991] Vermögensauseinandersetzung/Zugewinn, teilweise auch Arbeits- und Sozialgerichtsverfahren, Streitigkeiten wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, teilweise auch verwaltungsrechtliche Streitigkeiten.[992]

 

Rz. 643

Die Bewilligung eines Kostenvorschusses muss schließlich der Billigkeit entsprechen, sie muss also dem Verpflichteten zumutbar sein und soll eine sachdienliche Prozessführung ermöglichen. Bei Mutwilligkeit oder offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Klagebegehrens scheiden Vorschusspflichten aus,[993] wobei an die Prüfung der Aussichten des Klagebegehrens nicht so strenge Maßstäbe wie im Zusammenhang mit der Verfahrenskostenhilfegewährung anzulegen sind.[994]

[987] OLG Köln FamRZ 1984, 723; OLG Köln FamRZ 1998, 1300.
[988] BGH FamRZ 1986, 149.
[989] BGHZ 31, 386; vgl. auch die Aufzählung von Streitigkeiten bei Palandt/Brudermüller, § 1360a Rn 13.
[990] Vgl. Aufzählung und Abgrenzung bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 66. Aufl., § 127a ZPO a.F. Rn 6, 7; Vorschusspflicht des zweiten Ehemannes für klagende Ehefrau gegen den ersten Ehemann (Realsplitting) OLG Hamm FamRZ 1989, 277; Bömelburg, FF 2011, 356, 358.
[991] OLG Frankfurt FamRZ 1982, 606.
[992] Vgl. im Einzelnen Aufzählung bei Palandt/Brudermüller, § 1360a Rn 13, 14; Gießler/Soyka, Rn 726.
[993] Kein Vorschuss für Ehepartner bei pünktlicher Ehegattenunterhaltszahlung; vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 1993, 327; anders allerdings bei vorheriger Aufforderung zum notariellen Schuldanerkenntnis mit gleichzeitig angebotener Kostenübernahme.
[994] Ebert, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, § 2 Rn 556 ff.

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