Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 191
Für Minderjährigenunterhalt ist gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG das Familiengericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk das Kind oder der das Kind vertretende Elternteil im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine andere Zuständigkeit ist – wegen § 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG – gemäß den nachfolgenden Ausführungen (siehe Rdn 192) nur durch Einleitung des Scheidungsverfahrens zu erreichen.
Bei Auslandsaufenthalt eines Beteiligten ist Folgendes zu bedenken: Seit dem 18.6.2011 gilt die Europäische Unterhaltsverordnung (VO (EG) Nr. 4/2009) in allen zur EU gehörenden Staaten; sie tritt gemäß Art. 68 Abs. 1 an die Stelle der EuGVVO für alle Verfahren, die ab dem 18.6.2011 eingeleitet werden. Die EuUnthVO gilt gemäß Art. 1 universell, also unabhängig davon, ob alle Beteiligten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem zur EU gehörenden Land haben. Gemäß Art. 3 besteht eine Zuständigkeit am Aufenthaltsort des Schuldners oder des Gläubigers, gemäß Art. 6 hilfsweise bei dem Gericht, das in dem Land zuständig ist, dessen Staatsangehörigkeit beide Beteiligten haben.
In Deutschland gilt seither außerdem das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (AUG). Gemäß § 28 AUG kann eine Sonderzuständigkeit bei dem Familiengericht am Sitz des jeweiligen OLG bestehen. In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz die zentrale Anlaufstelle, die bei der Vollstreckung bestehender Unterhaltstitel im EU-Ausland und ggf. auch bei der Schuldnerermittlung kostenfrei Hilfe leistet.
Rz. 192
Mit Anhängigkeit einer Ehesache, also mit Einreichen eines Scheidungsantrags, wird gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 FamFG für alle Anträge zum Minderjährigenunterhalt das Familiengericht ausschließlich zuständig, bei dem das Scheidungsverfahren anhängig ist oder (bei laufendem Rechtsmittelverfahren) in erster Instanz anhängig war. Wird ein Scheidungsantrag nur eingereicht, sodann ein Unterhaltsantrag zugestellt und der Scheidungsantrag danach wieder zurückgenommen, bleibt das für das Scheidungsverfahren zuständig gewesene Familiengericht gemäß §§ 232 Abs. 3 FamFG, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für das Unterhaltsverfahren zuständig.
Beachten!
Auch schon vor Ablauf des Trennungsjahres kann der Scheidungsantrag eingereicht werden. Wird der Gerichtskostenvorschuss nicht eingezahlt und der Antrag deshalb nicht zugestellt, so vermeidet man seine Abweisung und erreicht für das Unterhaltsverfahren die Zuständigkeit des für das Scheidungsverfahren zuständigen Gerichts.
Rz. 193
Ist zunächst ein Unterhaltsantrag gestellt und erst im Anschluss hieran von einem Ehegatten der Scheidungsantrag eingereicht worden, so bleibt trotz Anhängigkeit der Ehesache das für den Unterhaltsantrag angerufene Gericht zuständig, bis der Scheidungsantrag zugestellt ist (§ 233 FamFG). Erst mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags muss das Familiengericht, bei dem das Unterhaltsverfahren läuft, die Sache an das für das Scheidungsverfahren zuständige Familiengericht von Amts wegen abgeben.