Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
aa) Gesetz
Rz. 161
Basis für die Berechnung des Mindestunterhalts gemäß § 1612a BGB ist der verdoppelte steuerliche Kinderfreibetrag, der 2021 für jeden Elternteil 2.730 EUR ausmacht, so dass also für 2021 grundsätzlich alle Berechnungen des monatlichen Unterhalts auszugehen hätten von (2.730 × 2) : 12 = 455 EUR; dies sind 100 % des Mindestunterhalts. In der ersten Altersstufe (bis zum 6. Geburtstag) wären 87 % hiervon zu zahlen, also – aufgerundet gemäß § 1612a Abs. 2 S. 2 BGB – 396 EUR, in der zweiten Altersstufe (bis zum 12. Geburtstag) 100 % und damit 455 EUR sowie in der dritten Altersstufe (ab dem 12. Geburtstag) 117 %, also 532 EUR. Wird der steuerliche Kinderfreibetrag künftig erhöht, so passt sich damit der Mindestunterhalt automatisch an geänderte Lebenshaltungskosten an.
Bei Entwicklung der Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2021 war allerdings von einem Kinderfreibetrag von 2.706 EUR ausgegangen worden, so dass tatsächlich die Werte in der für 2021 gültigen Düsseldorfer Tabelle hiervon geringfügig abweichen: 100 % 451 EUR statt 455 EUR, dementsprechend 393 EUR in der ersten Altersstufe sowie 528 EUR in der dritten Altersstufe.
Der Mindestunterhalt kann verlangt werden, ohne dass zum Einkommen des Schuldners etwas vorgetragen oder bewiesen werden müsste. Mindestunterhalt bedeutet jedoch nicht, dass stets jedenfalls dieser Betrag gezahlt werden müsste; es bleibt vielmehr dabei, dass sich die Unterhaltshöhe gemäß § 1603 BGB nach der Leistungsfähigkeit des Schuldners richtet: Zu geringes Einkommen des Schuldners führt zu einer Reduzierung unter den Mindestunterhalt, wobei es Sache des Schuldners ist, seine schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse einzuwenden und zu beweisen; wird Unterhalt über dem Mindestunterhalt gefordert, so müssen die Voraussetzungen hierfür vom Gläubiger dargelegt und ggf. auch bewiesen werden.
bb) Düsseldorfer Tabelle
Rz. 162
Auf dem Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB basiert die Düsseldorfer Tabelle (im Folgenden: DT). Sie stellt keine Rechtsnorm dar, sondern ist lediglich eine Orientierungshilfe, die eine weitgehende Einheitlichkeit der Rechtsprechung bewirken soll.
Zusätzlich zur DT sind bei der Bemessung des Kindesunterhalts die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der verschiedenen OLG zu berücksichtigen. Diese stellen ebenfalls keine Rechtsnormen dar, sondern geben nur die ständige Praxis des jeweiligen OLG wieder mit dem Ziel, die Rechtsprechung im OLG-Bezirk kalkulierbarer zu machen. Es ist empfehlenswert, sich hieran zu orientieren, da dies erfahrungsgemäß auch die erstinstanzlich tätigen Familienrichter tun. Deswegen wird in den Fußnoten bei wesentlichen Fragen auf die Leitlinien verwiesen.
Rz. 163
Die DT kennt vier Altersstufen: Von der Geburt bis zum 6. Geburtstag, vom 6. bis zum 12. Geburtstag, vom 12. bis zum 18. Geburtstag, ferner eine Stufe für die Zeit ab Volljährigkeit. Dies deckt sich weitgehend mit § 1612a BGB, der aber nur drei Altersstufen hat, wobei die dritte mit dem 12. Geburtstag beginnt, ohne ein Ende auszuweisen.
Beachten! Der Unterhalt nach der nächsten Altersstufe ist gemäß § 1612a Abs. 3 BGB jeweils schon ab dem Anfang des Monats zu zahlen, in dem das Kind seinen 6., 12. oder 18. Geburtstag feiert. Es ist also nicht taggenau erst ab dem Geburtstag zu rechnen.
Rz. 164
Die Tabelle ist gegliedert in Einkommensgruppen, die Stufen von jeweils 400 EUR haben. Deshalb braucht man oft das Einkommen des Schuldners nicht ganz exakt festzustellen, um den Unterhalt nach der DT ermitteln zu können.
Rz. 165
Die DT, Stand 1.1.2021, geht von der Annahme aus, dass der Schuldner gegenüber insgesamt zwei Personen unterhaltspflichtig ist. Hat er nur weniger Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen, so kann der Unterhalt gegenüber den Sätzen der DT erhöht werden; muss er mehr als zwei Personen unterhalten, so kann der Unterhalt niedriger angesetzt werden.
Rz. 166
Erhöhter Dauerbedarf des Kindes kann z.B. gegeben sein bei Krankheit, Behinderung, Internatsaufenthalt, Nachhilfeunterricht usw. In derartigen Fällen kann Unterhalt über die Sätze der DT hinaus geschuldet sein.
Rz. 167
Beachten!
In den Sätzen der DT sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthalten. Wenn das Kind nicht über die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen einer Familienversicherung mitversichert ist, sondern zusätzliche Krankenversicherungsbeiträge anfallen, sind diese über die Sätze der DT hinaus zu leisten; das Gleiche gilt für etwaige Beiträge zur Pflegeversicherung.