Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
aa) Minderjähriges Kind wird während des Verfahrens volljährig
Rz. 236
Hatte der betreuende Elternteil den Unterhaltsantrag in Prozessstandschaft (§ 1629 Abs. 3 BGB) für das noch minderjährige Kind gestellt und wird das Kind während des Verfahrens volljährig, so tritt das Kind durch gewillkürten Beteiligtenwechsel in das Verfahren ein. Eine Zustimmung des in Anspruch genommenen Elternteils ist hierfür nicht erforderlich.
bb) Bisherige Unterhaltsregelung
Rz. 237
Gibt es eine Vereinbarung zwischen den Eltern hinsichtlich des Kindesunterhalts? Wenn ja: In welcher Form (mündlich, privatschriftlich) und mit welchem Inhalt?
Ist der Unterhalt tituliert? Wenn ja: In welcher Form (Beschluss als Endentscheidung, Festsetzungsbeschluss gemäß § 253 FamFG [früher §§ 645 ff. ZPO], gerichtlicher Vergleich, in einem früheren Unterhaltsverfahren oder im Scheidungsverfahren ergangene einstweilige Anordnung, notarieller Vertrag, notarielles Anerkenntnis, Anerkenntnis vor dem Jugendamt)?
Hiernach richtet sich die Art des etwaigen Antrags: Zahlungsantrag, wenn bisher kein Titel existiert, Abänderungsantrag bei bereits vorhandenem Titel (außer bei einstweiliger Anordnung), erstmaliger Antrag oder Zusatzantrag bei einstweiliger Anordnung.
Wenn es einen Titel aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes gibt, den seinerzeit der betreuende Elternteil im eigenen Namen in Prozessstandschaft gemäß § 1629 Abs. 2 und 3 BGB erwirkt hat, muss Umschreibung dieses Titels gemäß § 727 ZPO auf das volljährige Kind beantragt werden.
cc) Gewöhnlicher Aufenthalt beider Eltern für den Fall, dass gegen beide Eltern geklagt werden muss
Rz. 238
§ 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (Zuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt des minderjährigen Kindes) gilt nicht für den Unterhalt eines volljährigen Kindes; zuständig ist deshalb das Familiengericht am gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners oder der Schuldner. Eltern eines volljährigen Kindes haften nicht gesamtschuldnerisch, sondern anteilig. Müsste gegen jeden Elternteil bei dem für ihn zuständigen Familiengericht geklagt werden, so könnten die beiden Gerichte die Haftungsverteilung gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB unterschiedlich vornehmen. Dieses Risiko sollte man unbedingt vermeiden und deshalb gemäß § 232 Abs. 3 Nr. 2 FamFG vorgehen: Hiernach kann gegen beide Elternteile ein einheitlicher Antrag bei dem für den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter oder des Vaters zuständigen Gericht gestellt werden.
dd) Verfahrenskostenvorschuss
Rz. 239
Für ein aussichtsreiches Unterhaltsverfahren kann das Kind als Sonderbedarf vom Schuldner (ggf. von beiden Eltern anteilig) einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Verfahrenskosten verlangen. Dieser Anspruch kann über §§ 119, 49 ff., 246 Abs. 1 FamFG mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden.