Rz. 475
Hat ein Ehegatte (Gläubiger oder Schuldner) kein Arbeitseinkommen, obwohl er es zumutbar haben könnte, muss er sich das zumutbar erzielbare Einkommen ab dem Zeitpunkt fiktiv entgegenhalten lassen, ab dem er es haben könnte.[830] Das ist nicht nur möglich, wenn der Ehegatte leichtfertig seine Erwerbsobliegenheit verletzt, sondern schon, wenn eine mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit nicht aufgenommen wird.[831]
Die Höhe fiktiver Einkünfte kann nur im Einzelfall im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO ermittelt werden.[832] Zugrunde zu legen ist derjenige Nettobetrag, der sich nach Abzug der ggf. zu zahlenden Steuern und Vorsorgeaufwendungen erzielt werden könnte. Diese Schätzung hat im Einzelfall unter Berücksichtigung von Alter, Vorbildung, Fähigkeiten und Gesundheitszustand zu erfolgen.[833]
Es kann im Übrigen auf die Höhe des früheren Einkommens abgestellt werden, wenn der Unterhaltsberechtigte ein früheres Arbeitsverhältnis leichtfertig aufgegeben hat und davon ausgegangen werden kann, dass dieses Einkommen ohne die leichtfertige Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach wie vor erzielt werden würde.[834]
Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen